Shakespeare-Klassiker:Der Rest ist Schweigen

Lesezeit: 2 min

Typisch Shakespeare: Alle tot. Typisch Krimi: Die Kommissare schlaumeiern mit Coffee to go am Tatort (stehend von li: Markus Huber, Marina Brinkmann und Lisa Höffner). Die Toten sind Laertes (Rassa Ismail, vorn), König (Korbinian Schwesig, mit Fliege) und Königin (Madeleine Thamm). (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Projekt-Seminar Theater am Gymnasium Geretsried inszeniert eine eigenwillige Fassung des "Hamlet"

Von Felicitas Amler, Geretsried

Es ist diese typische TV-Krimi-Szene: Forensiker in weißen Overalls tasten sich über den Tatort, Kommissar und Kommissarin stehen neben den am Boden liegenden Leichen, der eine fragt die andere: "Haben wir schon etwas über die Identität der Opfer?" Eben die hat es in diesem Fall aber in sich. Es handelt sich bei den vier hingestreckten Toten um keine Geringeren als König Claudius von Dänemark samt Gattin Gertrude, Prinz Hamlet und dessen Freund Laertes. Die Degen, mit denen die Männer einander niedergemetzelt haben, liegen neben ihnen. Hamlet und Laertes hätten sich duelliert, erfährt Hauptkommissar Nils Smørrebrød und schüttelt den Kopf: "Bisschen altmodisch, was - duellieren, das macht heute keiner mehr."

So wie junge Leute heute auch nicht mehr unbedingt den Hamlet in der Uraufführungsversion des Jahres 1609 spielen wollen. Sondern eine eigene, moderne Fassung, wie sie das Projekt-Seminar Theater der Oberstufe am Geretsrieder Gymnasium jetzt auf die Bühne bringt. "Soko Kronborg" heißt das Stück, das sie unter Anleitung ihrer Lehrerin Andrea Mahlendorff selbst geschrieben haben - ziemlich frei nach William Shakespeare. Es liefert "die ganze Wahrheit über Hamlet".

Das Klassiker-Personal Hamlet (Jimi Tammelleo), König und Königin (Korbinian Schwesig und Madeleine Thamm), Ophelia (Anna-Lena Brandes), Laertes (Rassa Ismail) und Horatia (Stefanie Brechtelsbauer) agiert auf der großen Bühne, während davor die neuzeitlichen Kommissare schwer am Ermitteln sind (Marina Brinkmann, Lisa Höffner und Markus Huber). Das Stück beginnt dort, wo der echte Hamlet endet, und nach und nach wird der Kriminalfall um Mord und Totschlag am dänischen Königshaus in Rückblenden aufgedröselt.

"Etwas Eigenes schaffen und es selbst realisieren", das mache den 17- und 18-Jährigen Freude, sagt ihre Lehrerin. Mahlendorff hatte nur den Hamlet vorgegeben, was sie daraus machen wollten, konnten die Schüler selbst entscheiden. Aus sechs Ideen - vom Hamlet als Alpenkrimi bis zu einer Zeitreisen-Fassung - wählten sie schließlich die Soko Kronborg aus. Das Schreiben in kleinen Gruppen hat sie etwa ein halbes Jahr lang beansprucht. Das Spielen aber ist nun für alle nicht nur eine neue Erfahrung, sondern auch der größte Spaß an dem Projekt, wie sie unisono versichern. "Eine der kreativsten Möglichkeiten" sei dieses P-Seminar Theater, sagt Lisa Höffner; "eine gute Abwechslung zum Schulalltag", findet Stefanie Brechtelsbauer, "man kann sich viel mehr mit einbringen". Und Anna-Lena Brandes hat festgestellt: "Es ist ganz interessant, wie man sich entwickelt im Zusammenspiel mit den anderen." Die Ophelia-Darstellerin geht zurzeit an Krücken, weil sie sich eine Sehne angerissen hat. Für ihre Rolle nicht so schlimm, findet sie: "Ich spiele eine Geisteskranke, das heißt, das passt recht gut."

Bei den Proben in dieser Woche hakt es gelegentlich noch ein wenig am Text, dann spielt die Technik nicht ganz wie besprochen mit, das Licht geht zur falschen Zeit aus - oder bleibt nach der Schlussszene noch an. Die jungen Leute spielen sich meist souverän, gelegentlich mit einem Kichern darüber hinweg. Und sie brauchen dabei nicht unbedingt eine Regisseurin: Wenn Mahlendorff nicht da sein kann, regeln sie Szenenauswahl, Wiederholungen und technische Absprachen ganz unter sich.

Letzte Szene, der Kreis schließt sich: Allgemeines Dahinsterben. Die Königin sinkt äußerst gekonnt darnieder, Laertes geht von der giftigen Rapierspitze getroffen in die Knie, den König erledigt Hamlet noch, bevor er selbst den berühmten Schlusssatz röchelt: "Der Rest ist Schweigen." Eigentlich sollte jetzt die Bühne in Dunkelheit fallen, und vorn sollten die Kommissare das letzte Wort haben. Hat nicht ganz geklappt. Also: "Der Rest ist Schweigen." Fast. Und noch einmal ... Bis zur Premiere wird das alles perfekt sitzen. Mindestens so gut wie bei "Hubert und Staller": Diese TV-Dödel-Kommissare aus Wolfratshausen sind die erklärten Krimi-Lieblinge der Schüler-Schauspielschar - "weil sie mit Witz ermitteln".

Gymnasium Geretsried, P-Seminar Theater: "Soko Kronborg", Freitag,23. März, 19.30 Uhr, Aula, Adalbert-Stifter-Straße 14

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: