Schloss-Gärtnerei Weidenkam:Der Weg zum Glück

Lesezeit: 2 min

Ehepaar Leni und Horst Wendt arbeiten gemeinsam im Garten. (Foto: Harmut Pöstges)

Die Eheleute Wendt haben Bio-Gemüse nicht nur angebaut

Von Benjamin Engel, Münsing

Später Herbstvormittag, die Sonne brennt vom wolkenfreien Himmel. Auf einer freien Wiese mitten im Wald unterhalb von Schloss Weidenkam wachsen Blumen und Gemüse auf einer mehrere hundert Quadratmeter großen Fläche. Horst Wendt steht zwischen den Pflanzen, zupft mal ein verwelktes Blatt ab oder greift prüfend in die Erde. Der 81-Jährige Biogärtner und jahrzehntelange Vegetarier wirkt entspannt. Vor etwas mehr als 50 Jahren hat er gemeinsam mit seiner Frau, ebenfalls Vegetarierin und Gärtnerin, die Schlossgärtnerei Weidenkam nach biologischen Kriterien aufgebaut. Die haben sie zwar längst Nachfolgern übergeben und gärtnern nur noch aus Freude. Doch für ihren Verdienst zeichnet der Landkreis das Ehepaar jetzt mit dem Umweltpreis aus.

Eine Ehre, um die der Mann mit den kurzen grauen Haaren und wachen Augen nur wenig Aufhebens machen will. Und das entspricht auch seinem Charakter. Er sagt, dass jeder Mensch sein eigenes Ego besser zurückstellen solle. Wer nicht nur für sich selbst etwas wolle, sondern auch an andere denke, werde glücklicher. Ein Lebensmotiv, das sich problemlos auf seine Arbeit als Bio-Gärtner übertragen lässt. Kunstdünger und Pestizide sieht er kritisch. Deren chemische Wirkstoffe drängen tief bis in die Zellen der Pflanzen ein. Insekten stürben durch den Kontakt mit den Säften. Außerdem könnten die Chemikalien die Kleinstlebewesen im Boden schädigen. Ein intaktes Bodenleben sei aber wichtig, für eine gesunde Entwicklung der Pflanzen. Das vergleicht er mit den Darmbakterien des Menschen. Ohne sie wäre das Organ nur eine leere Hülse, womit der Mensch nicht überleben könne.

Der Norddeutsche und die drei Jahre ältere Schweizerin lebten in den 60er Jahren in Osnabrück. Dort hatte Horst Wendt Gartenbautechnik studiert. 1964 las das Paar eine Anzeige in einer Zeitschrift für Vegetarier. Darin suchte die Besitzergemeinschaft von Schloss Weidenkam Gärtner. Die sollten die halb verfallene Herrschaftsgärtnerei wieder aufbauen und nach biologisch-dynamischen Kriterien bewirtschaften. Ihre Aufgabe: Die Tagungsgäste auf den Veranstaltungen im Schloss mit Gemüse versorgen. Das Ehepaar Wendt bewarb sich - erfolgreich. Horst Wendt erinnert sich, dass sie damals belächelt worden seien. Ein Landwirt habe ihnen geholfen, den Acker auf der Wiese mitten im Wald zu pflügen. "Des werd nie was", habe der ihnen wegen der vielen Steine im Boden prophezeit. Doch der Landwirt sollte eines besseren belehrt werden. Die Pflanzen in der Gärtnerei gediehen und wenige Jahre später wurde das Ehepaar Wendt Mitglied des ökologischen Anbauverbands Demeter, die Nachfrage wuchs. Tagungsgäste, Nachbarn und Bekannte fragten, ob sie ihnen Gemüse liefern könnten. Leni Wendt sagt, dass so die Idee einer sogenannten "Öko-Kiste" entstanden sei. Die fuhren die Wendts mit dem Auto zu Depots. Dort holten die Kunden ihr Gemüse ab. Schließlich verkauften sie auch zweimal in der Woche direkt von ihrer 2,5 Hektar großen Gärtnerei aus. Sie bildeten viele Lehrlinge aus.

Um die günstigsten Aussaatzeiten zu bestimmen, orientiert sich das Ehepaar beispielsweise an den Mondphasen. Auf Dünger verzichten sie weitestgehend, und wenn doch, setzen sie etwa mineralisches Urgesteinsmehl oder Pferdemist ein. Wendt sagt, dass man den Humus pflegen müsse. Umso besser überstehe der Boden Trockenzeiten und reguliere sich in nassen Phasen.

Vor 15 Jahren - da war Horst Wendt 65 Jahre alt - übergaben sie die Gärtnerei an Nachfolger. Vielfältig engagiert sind sie geblieben. Wendt ist Lesepate an der Grundschule. Außerdem legt er zusammen mit Schülern Hochbeete an, die sie gemeinsam bepflanzen. Er erzählt, dass er schon als Kind vom Garten seines Elternhauses in Schleswig nach Süden geblickt habe, auf etwa 100 Meter hohe Hügel. Seitdem habe ihn die Sehnsucht nach den größeren Hügeln in den Alpen angetrieben. Inzwischen wohnen beide rund ein halbes Jahrhundert in dem früheren Waldarbeiter und Gärtnerhaus bei Schloss Weidenkam. Sie haben fünf Kinder und sind hier sesshaft geworden. Leni Wendt ist dankbar, dass sie so in der Natur wohnen darf: "Das ist meine Heimat hier."

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: