Robert Heindl:Kriminalist mit falschem Titel

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Robert Heindl lebte von 1883 bis 1958. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Ergebnisse der Untersuchungen von Ickinger Straßennamen: Geheimrat-Heindl-Weg

Von Claudia Koestler, Icking

Neben dem Wenzberg hat der Ickinger Arbeitskreis sechs weitere Straßen unter die Lupe genommen und dabei so manch relevante Erkenntnis gewonnen. Die SZ stellt die Untersuchungsergebnisse zu den einzelnen Straßennamen in loser Reihenfolge vor.

Nach Robert Heindl (1883-1958) ist in Icking der "Geheimrat-Heindl-Weg" benannt. Heindl war Jurist und Kriminologe und lebte in Irschenhausen und Berlin. Robert Heindl war maßgeblich daran beteiligt, die "Daktyloskopie" bei den deutschen Polizeibehörden einzuführen. Daktyloskopie ist die Personenidentifizierung mittels Fingerabdrücken.

Vor dem Ersten Weltkrieg verfolgte Heindl laut Ickinger Arbeitskreis auch die Idee, "Schwerverbrecher" in die Kolonien zu deportieren. Zudem führte er das Konzept des "Berufsverbrechers" in die kriminalpolitische Diskussion ein, für die er "Sonderbestimmungen" und "Sicherheitsverwahrung" forderte. 1912 leitete Heindl die Kriminalpolizei Dresden, wurde Polizeidezernent im sächsischen Innenministerium, schließlich im Jahr 1919 für einige Monate "Wirklicher Legationsrat" im Auswärtigen Amt. Mit der Leitung der Fachzeitschrift "Archiv für Kriminologie" übte er "größten Einfluss auf die moderne Kriminalistik" aus, zitierten die Mitglieder des Arbeitskreises aus dem Personalakt des Bayerischen Innenministeriums. Nach 1945 betraute die Militärregierung Heindl mit der Einrichtung des "Zentralamtes für Kriminalidentifizierung, Polizeistatistik und Polizeinachrichtenwesen" für Bayern, der Vorläuferbehörde des heutigen Landeskriminalamts. 1946 war er der erste Präsident dieser Behörde.

"Im Juli 1933 wurde er 'als Beamter des Auswärtigen Amtes in Berlin in den dauernden Ruhestand versetzt', es handelte sich um einen formalen, keinen politischen Akt", erklärten die Historiker Marita Krauss und Erich Kasberger. Die Wertung des Arbeitskreises: "Robert Heindl hat in der kriminalpolitischen Diskussion die Vorstellung gefestigt, dass der Typus des Berufsverbrechers nicht zu rehabilitieren sei und entsprechende Maßnahmen entwickelt, obwohl aktuelle Strafrechtsdebatten in eine andere Richtung wiesen. Außerdem plädierte er für eine vorbeugende Sicherungsverwahrung der von ihm als 'Be-rufsverbrecher' identifizierten Menschen durch die Polizei ohne Hinzuziehen der Justiz. Damit wurde er zum Vorbereiter des Prinzips 'Schutzhaft': Die Nationalsozialisten setzten Vorstellungen, wie Heindl sie entwickelte, radikal in die Tat um. In der aktuellen Aufarbeitung zur Polizei im Nationalsozialismus wird seine Rolle betont." Aber: Der Personalakt Heindls enthalte keinerlei belastendes Material. Der Arbeitskreis empfahl dennoch die Korrektur des Straßennamens. Denn ausgerechnet der Kriminologe hat bei seiner Titelführung offenbar gemogelt. Zwar war er Legationsrat, nicht aber Geheimrat. Sogar sein Grabstein trägt diesen Titel, den er jedoch nie hatte.

© SZ vom 21.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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