Landkreis Wolfratshausen:25.000 legale Waffen

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Wie viele Waffen gibt es im Landkreis Wolfratshausen? Das wollten die Grünen wissen. Nun kommt die Antwort vom Landratsamt. Und die ist alles andere als beruhigend.

Klaus Schieder

Die Zahl hört sich an, als könnte der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen eine ganze Armee ausrüsten. 25.000 legale Waffen gibt es in der Region Icking und Lenggries, Münsing und Sachsenkam. Die Gewehre und Pistolen befinden sich im Besitz von etwa 5000 Personen. Diese Statistik trug Werner Mittereder im Kreisausschuss vor. Der Sachbearbeiter für Waffenrecht im Landratsamt beantwortete damit eine Anfrage von Klaus Koch (Grüne). Der Kreisrat fand die kurze Statistik alles andere als beruhigend. "Das Ganze ist nicht lustig", sagte Koch. "25.000 Waffen bedeuten, dass hier jeder 25. Bürger bewaffnet ist." Dabei sei der Landkreis doch ein "relativ kriegsfreies Gebiet".

25.000 legale Waffen gibt es in der Region Icking und Lenggries, Münsing und Sachsenkam. (Foto: Nanfred Neubauer)

Wer ein Gewehr oder eine Pistole hat, ist dazu verpflichtet, dem Landratsamt von sich aus mitzuteilen, wo und wie er sie daheim verwahrt. Aber nur 1400 Waffenbesitzer haben dies freiwillig der Kreisbehörde mitgeteilt. Die restlichen gut 3500 würden derzeit angeschrieben, "weil wir wissen müssen, wie sie die Waffen aufbewahren", sagte Mittereder. Die ersten Briefe gingen nach Bad Heilbrunn. Von dort sei der Rücklauf bislang allerdings "sehr schleppend", teilte der Sachbearbeiter mit. Nur 25 von 140 Adressaten haben bisher geantwortet.

Die anderen Schreiben sollen in die Städte und Gemeinden nach alphabetischer Reihenfolge gesendet werden, als nächstes nach Bad Tölz. "Und die Wolfratshauser sind die letzten." Sein Ziel es, "von den 5000 runterzukommen", sagte Mittereder der SZ. Und zwar um etwa 1000.

Wer sich nicht meldet, bekommt unangekündigt Besuch des Sachbearbeiters. Die Kontrollen sind für ihn mühsam und zeitaufwendig. "Oft muss ich fünf, sechs oder sieben Mal hinfahren, bis ich jemanden erreiche", berichtete er. Seine Dienstreisen finden deshalb häufig am Abend oder am Wochenende statt, wenn die Adressaten eben zu Hause sind. Mittereder wird dabei nur von einer Halbtagskraft unterstützt. Die Folge: "Da werden massiv Überstunden produziert", sagte Landrat Josef Niedermaier (FW).

Von den 5000 Waffenbesitzern im Landkreis sind jeweils etwa 1000 Jäger und Sportschützen. "Die sind nicht unser Problem", erklärte Mittereder. Sie seien ausgebildet und wüssten, wie sie mit Gewehren oder Pistolen umzugehen und wo sie diese aufzubewahren hätten. Für Sportschützen sei "die Waffe keine Waffe, sondern ein Sportgerät - ein gefährliches Sportgerät". Niedermaier fügte hinzu, dass den Schützen schon deshalb an der Einhaltung der Vorschriften gelegen sei, weil sie die Waffe für ihren Sport benötigten.

Mehr Schwierigkeiten hat das Landratsamt mit den restlichen 3000 Eigentümern, oft Altbesitzern und Erben. Manche von ihnen steckten das mitunter "alte Zeug" irgendwo hin und vergäßen es, sagte Mittereder. Von Aufrufen fühlten sie sich "nicht angesprochen".

5000 - das seien "viel zu viele, die Waffen haben", meinte Koch. Sie alle hätten sich "gefälligst äußerst kooperativ" zu verhalten und die Briefe des Landratsamts "zügigst" zu beantworten. Der Grünen-Kreisrat verwies auf die Forderung der Gewerkschaft der Polizei, nach den Amokläufen an Schulen die Kontrollen zu verstärken. Ob der hohen Zahl an Waffen gebe es "offensichtlich ein Problem in unserer Region", meinte Koch. "Das sind nicht nur ein paar 'guade Jager'."

Reiner Berchtold (SPD) sagte, die Amokläufe an den Schulen hätten gezeigt, dass einzelne im Umfeld von Sportschützen an zwar legale, aber nicht ordnungsgemäß aufbewahrte Schusswaffen herankämen. Mittereder erzählt, dass nach der Verschärfung des Waffengesetzes vor zwei Jahren jetzt nicht einmal die Frau eines Besitzers wissen dürfe, wo sich der Schlüssel zum Waffenschrank befinde. Auf seinen Kontrollbesuchen habe er aber erlebt, dass eine Ehefrau "sofort gesaust" sei und gesagt habe: "Warten S', ich mache Ihnen gleich auf."

Gerhard Hasreiter (CSU) fragte, ob Leute ihre Waffen noch im Landratsamt abgeben könnten. Ja, erwiderte der Landrat, "wenn sie registriert sind - illegale gehen nicht mehr". Mit dem Entzug der Waffe müssen jene rechnen, die zwei Schreiben unbeantwortet lassen. Dann werde "die Unzuverlässigkeit der Person festgestellt". Dies sei auch der Fall, wenn jemandem der Führerschein entzogen wurde. "Und wenn er Jäger ist, dann geht er eben nicht mehr auf die Jagd."

Mittereder zeigt sich zuversichtlich, mit der Briefaktion den Bestand an Waffen im Landkreis um 1000 Stück zu verringern. Als 2009 noch illegale Waffen ohne Strafe abgegeben werden durften, seien anfangs auch eher weniger Besitzer gekommen. Im Dezember jedoch hätten die Leute dann "zu zehnt" in seinem Büro gestanden. 800 Gewehre und Pistolen wurden damals eingesammelt.

© SZ vom 25.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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