Nur ein Schlag:Bei Minusgraden in kurzer Lederhose

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Übung macht den Meister: Sachsenkams Bürgermeister Hans Schneil (mit Schürze) brauchte nur einen einzigen Schlag zum Anzapfen des ersten Josefibock-Bierfasses. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die einen kommen wegen des Biers, die anderen wegen der besonderen Atmosphäre zum Reutberger Josefifest

Von Julian Erbersdobler, Sachsenkam

Nach dem Anstich kann sich August Maerz den Seitenhieb Richtung Oktoberfest nicht sparen. "Da könnten sich die Oberbürgermeister in München noch was abschauen", sagt der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaftsbrauerei Reutberg. Wenige Momente zuvor hatte Sachsenskams Bürgermeister Hans Schneil das erste Fass Josefibock angezapft. Mit nur einem Schlag.

Mit den ersten ausgeschenkten Maßen begann am Freitagabend das 31. Reutberger Josefifest. Stefan Höpfl, Geschäftsführer der Brauerei, ist seit 20 Jahren dabei. "Es ist einfach ein bodenständiges Fest, wo jüngere und ältere Leute in Tracht aufmarschieren", sagt er. Das Josefifest sei ein Original. Selbst bei Minusgraden kämen hier manche Burschen in der kurzen Lederhose. "Und der Josefibock ist natürlich auch außergewöhnlich."

Rund 50 Meter vor der Musikkapelle sitzen drei Jungs und ein Mädchen. Sie kommen aus Holzkirchen und gehen noch zur Schule. "Das Bier schmeckt gut, aber geht nicht so schnell runter" stellt einer fest. Für den ersten Abend hat er sich höchstens drei Maß vorgenommen. Neben Promille-Obergrenzen geht es am Tisch auch kurz um den neuen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Als die Musik wieder einsetzt, steht aber das Zuprosten wieder im Mittelpunkt. Um die Heimfahrt müssen sich die Jugendlichen keine Sorgen machen. Die Mutter einer der Jungen macht den Shuttle-Service.

Ein paar Tische weiter hinten trinken zwei Zimmerer aus Gaißach, beide Anfang 20, beide mit Trachtenhut, beide ohne Lederhose. Einer erzählt, dass sie schon seit fünf Jahren zum Josefifest gehen. Allerdings sehe man mittlerweile auch immer wieder "Kasperl", die Tracht mit weißen Turnschuhen und Bomberjacken kombinieren würden. Der Josefibock schmeckt beiden, obwohl man alleine von der Farbe her "eher an die Gülleverordnung" denke als an Bier.

Damit unter 16-Jährige nicht auf die Idee kommen, das Bockbier mit einem Alkoholgehalt von 6,9 Prozent zu probieren, gibt es Menschen wie Peter Galitzdörfer. Mit seinem Kollegen läuft er durch die Reihen und lässt sich Ausweise zeigen, wenn er Zweifel am Alter der Jugendlichen hat. Galitzdörfer trägt eine Goldkette um den Hals und eine dunkle Jacke mit der Aufschrift "Oberland Security". Er sagt: "Der erste Abend ist der chilligste." Anstrengend sei besonders der zweite Samstag, wenn die Trachtenkapelle Wessobrunn aufspielt. Galitzdörfer arbeitet seit 15 Jahren beim Josefifest. "Meistens ist es sehr unkompliziert, ab und zu gibt es ein paar Raufereien."

Insgesamt sind am ersten Abend sechs Mitarbeiter des Sicherheitsteams im Einsatz, vier im beheizten Zelt, zwei am Eingang. Gegen acht haben sie noch nicht allzu viel zu tun. In das Zelt passen maximal etwa 2000 Menschen. August Maerz von der Klosterbrauerei schätzt, dass um die Uhrzeit noch rund 600 Gäste Platz hätten.

Etwas abseits von der Musik und den jungen Leuten direkt vor der Kapelle sitzt ein älteres Ehepaar aus Slowenien. Die beiden wohnen in Holzkirchen. Die 77-jährige Frau erzählt, dass sie schon seit Jahren das Fest besuche. "Das liegt auch daran, dass mein Mann Josef heißt." Beide freuen sich über die vielen Jugendlichen in Lederhose und Dirndl. In Slowenien gebe es eine ähnliche Tracht, erzählen sie.

Das 31. Reutberger Josefifest läuft noch bis Sonntag, 25. März. Dann wird es wieder eine Trachtenmodenschau geben. Am Dienstag findet der traditionelle Milchbauernabend statt. Anlass ist das 20-jährige Bestehen des Verbandes. Als Referent wird Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) erwartet.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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