Nachverdichtung:Angst ums Ortsbild

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Im Eglinger Weiler Dettenhausen fürchten die Anwohner unterhalb der denkmalgeschützten Marienkapelle, dass dahinter gebaut werden könnte. Bürgermeister Oberhauser verspricht eine angemessene Planung

Von Claudia Koestler, Egling

Innerörtlich nachverdichten statt neues Bauland auf der grünen Wiese auszuweisen: Das ist die Devise vieler Kommunen, die den Siedlungsdruck im Speckgürtel von München spüren. So auch in Egling, das direkt an den Münchner Landkreis grenzt. Die Kommune möchte dem steigenden Bedarf an Wohnraum gerecht werden und Einheimischen ein Eigenheim ermöglichen. Doch mit Nachverdichtung stößt Egling vermehrt auf Widerstand in der Bürgerschaft. Im Gemeindeteil Deining ist die Kontroverse um ein rund 25 000 Quadratmeter großes Grundstück an der Hochstraße bereits in vollem Gang; nun erregt ein Projekt in Dettenhausen die Gemüter.

In dem rund 100 Einwohner zählenden Weiler zwischen Egling und Deining besitzt die Gemeinde ein rund 2000 Quadratmeter großes Grundstück. Nachdem 2015 Planungen dafür bekannt wurden, übergaben Einwohner von Dettenhausen Bürgermeister Hubert Oberhauser (FW) und den Gemeinderäte im August 2015 Unterschriften mit der Bitte, auf eine Bebauung zu verzichten. Doch in diesem Februar informierte die Gemeinde die Einwohner Dettenhausens über den Planungsstand und präsentierte in diesem Rahmen auch einen genehmigten Vorbescheid mit Zulässigkeit für eine Bebauung mit zwei Doppelhäusern. In der vergangenen Woche schließlich fanden auf dem Areal umfangreiche Bodenuntersuchungen statt.

Ein malerischer Blick und eine denkmalgeschützte Kapelle: Diesen "einzigartigen Ort im gesamten Gemeindebereich" möchten die Dettenhauser unberührt wissen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Dettenhauser Thomas Schwarz betont, er wolle sich nicht grundsätzlich gegen das Bauvorhaben stemmen. Doch es gebe zwei Argumente, warum ausgerechnet dieses Grundstück nicht für eine Bebauung mit zwei Doppelhäusern geeignet sei: Es handelt sich bei den 2000 Quadratmetern um ein Gelände, das unmittelbar an die denkmalgeschützte Dettenhauser Marienkapelle anschließt. "Die Kapelle prägt das Ortsbild ganz maßgeblich und ist ein einzigartiger Ort im gesamten Gemeindebereich", betont Schwarz. Nicht nur für den Weiler sei sie kulturelles Zentrum der Dorfgemeinschaft: Der alljährlich stattfindende Dettenhauser Pfingstritt, der um die Kapelle führt, locke Tausende Besucher nicht nur aus der Region, sondern weit darüber hinaus. Gerade durch ihre exponierte Lage sei die denkmalgeschützte Marienkapelle ein Blickfang. "Es war jahrzehntelang praktizierte Politik, dieses in der Gemeinde einzigartige Ensemble aus Kapelle und 450 Jahre alten Linden zu erhalten und zu schützten, was heißt, auf eine Bebauung zu verzichten", sagt Schwarz. Würden auf dem Grundstück hinter der Kapelle tatsächlich Häuser gebaut, wäre ihm zufolge das Wirkungsbild "nachhaltig und irreparabel geschädigt". Laut Schwarz haben die vorangegangenen Bürgermeister Hans Sappl und Manfred Nagler sowie die Gemeinderäte eine Bebauung bei der Dettenhauser Kapelle stets mit Verweis auf den Denkmalschutz abgelehnt und nur für den Fall einer finanziellen Notlage der Gemeinde nicht ausgeschlossen. Klamm aber sei die Gemeinde derzeit nicht, sagt Schwarz.

Der Dettenhauser nennt noch ein zweites Argument: Das betreffende Grundstück liegt an einem Hang, der von der Marienkapelle aus abwärts führt und ein Moränenhügel sei, der oben Kies-, unten aber Lehmschichten habe. Die Anwohner unterhalb der Kapelle, darunter Schwarz, fürchten deshalb die Gefahr von Überschwemmungen, wenn nun ein großer Teil der 2000 Quadratmeter Fläche versiegelt würde. Bereits heute haben sie Schwarz zufolge große Probleme mit dem Wasser, zumal es in dem Hang auch Quellen gebe. Regenwasser müsse unter der Straße hindurch zu versickerungsfähigeren Stellen abgeleitet werden, der Kanal sei immer wieder überlastet. Wegen der Zunahme von Starkregenereignissen sei die Gefahr größer denn je. Als Schwarz vor etwa 22 Jahren selbst im Einheimischenmodell baute, "war der Plan eigentlich, einen halben Meter höher zu gehen, wegen der Wasserproblematik", erinnert er sich. Damals aber sei ihm dies verwehrt worden - mit dem Hinweis auf die Nähe zum Denkmal, obwohl sein Grundstück etwa sechs Meter tiefer am Hang liege als das nun umstrittene Baugrundstück.

Eine neue Bebauung brächte "irreparable Schäden", befürchtet etwa Thomas Schwarz. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bürgermeister Oberhauser betont auf Nachfrage, in der Sache sei noch nichts entschieden. Die Gemeinde habe zunächst prüfen müssen, ob dort Baurecht besteht, um nun mit dem Gedanken spielen zu können, es für Einheimische zu entwickeln. Vergleichbare Grundstücke mit Baurecht besitze die Gemeinde derzeit nicht, die Nachfrage aber sei steigend. Bekannt sei, dass es dort "gewisse Probleme mit dem Wasser gebe", erklärt der Rathauschef. Deshalb hätten umfangreiche Bodenuntersuchungen stattgefunden, die Prüfung sei "ergebnisoffen", wie Oberhauser sagt. Anders ausgedrückt: Von ihnen hänge es ab, ob weiter geplant werden könne oder ob das Projekt als nicht umsetzbar eingestuft wird. Wann mit den Ergebnissen zu rechnen ist, konnte Oberhauser noch nicht absehen. Sollte trotz der Wasserproblematik gebaut werden können, so betont er, werde ein Projekt nur mit angepasster Höhe verwirklicht. "Auf keinen Fall wollen wir die Marienkapelle in Mitleidenschaft ziehen, die ist uns lieb und teuer." Das zeige sich auch daran, dass die Kapelle gerade für mehr als 30 000 Euro renoviert wurde. Optisch und baulich würde die Planung darauf ausgerichtet werden, dass die Bebauung die Kapelle und die Bäume nicht beeinträchtige, verspricht Oberhauser. Und was die Ergebnisse der Probebohrungen und die möglichen weiteren Planungen angeht, betont er: "Wir werden die Anwohner über jeden Schritt informieren - so wie bisher auch."

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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