Beim Blick in die Fernsehkanäle sticht ein Trend-Thema hervor: Backen. Bei Kuchen, Plätzchen und Torten spielt nicht mehr nur der Geschmack eine Rolle, es wird auch verstärkt Wert aufs Aussehen gelegt. Die Dekoration der süßen Kreationen rückt immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses. Das weiß Nicola Keysselitz aus Münsing: Die Zuckerkünstlerin räumt mit "dekorativen Elementen" bei Kuchenmessen Preise ab, zuletzt im November Gold bei der "Cake International", einem der wichtigsten und größten Branchenereignisse weltweit, im englischen Birmingham. "Ein Super-Erfolg", freut sich die Ambacherin. "Damit bin ich jetzt ganz oben mit dabei."
Über 1000 Torten "aus der ganzen Welt" haben die Teilnehmer in Birmingham ausgestellt. Ein Thema wurde nicht vorgegeben. "Es ist äußerst schwierig, sich etwas Originelles auszudenken", sagt Keysselitz. Ihr jedenfalls sei zunächst nichts eingefallen, eigentlich wollte sie ihre Teilnahme am Wettbewerb wieder absagen. Doch auf dem Weg nach Wien, wo sie in bei einem Kuchen-Wettkampf in der Jury sitzen sollte, kam ihr der königliche Einfall beim Radiohören. Die Meldung: Queen Elizabeth hatte Königin Victoria bei der Länge der Amtszeit überholt. "Meine Idee war geboren", erzählt die Ambacherin. "Natürlich ein tolles Thema für eine Veranstaltung in Großbritannien." Die gelernte Grafikerin begann zu tüfteln und zu recherchieren. Sie suchte nach Bildern von Sofas der Queen und anderen Einrichtungsgegenständen aus deren Schlössern und Palästen. Dabei fand sie auch das Foto eines Kissens mit der Aufschrift "It's good to be Queen", das die Königin wirklich besitzt. Dann machte sich Nicola Keysselitz ans Werk, an das "dekorative Element", wie die Tortenverzierung richtig heißt. Aus Fondant formte sie die zufrieden lachende Elizabeth auf einem Sofa mit dem Queen-Kissen, wie sie in einem Buch den Tag notiert, an dem sie Victoria überholt hat. Zu ihren Füßen sitzen ihre Lieblingshunde, die Corgis, auf dem Parkett. Über der Szenerie schwebt die beleidigte Victoria als Engel. "Allein das Sofa und das Parkett haben mich Hunderte von Stunden Arbeit gekostet", sagt Keysselitz. "Da bin ich an meine Grenzen gestoßen. Ich habe gemerkt, dass ich noch andere Techniken fürs Modellieren lernen muss." Die Goldmedaille in Birmingham ist ihr Ansporn, das jetzt auch zu tun. "Ich will weiterkommen."
Zu ihrer Leidenschaft kam Nicola Keysselitz über ihre Liebe zum Backen und zum Basteln. "Warum nicht beides verbinden?", dachte sie sich. Das tat sie für Familie und Freunde. Sie backte Geburtstagskuchen und versah sie mit Karikaturen der Jubilare aus Zuckermasse. Nach 30 Jahren in Spanien, wo Motivtorten schon lange angesagt sind, kehrte Keysselitz im Sommer 2014 nach Ambach zurück, um mit ihrem Hobby Geld zu verdienen. Seitdem gibt sie Kurse für Anfänger, Fortgeschrittene und Spezialisten. "Inzwischen nicht mehr nur in meinem Atelier am Starnberger See, sondern in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz", erzählt sie. Allerdings werde auch dieses Geschäft immer schwieriger, denn "zur Zeit gibt es ein riesiges Angebot an solchen Kursen", sagt Keysselitz. "Es ist ein Kampf, oben zu bleiben." Trotzdem möchte sie mit ihrem Kursbetrieb "Key for Cakes" weiter oben bleiben. "Ich will meine Tätigkeit auf andere Länder in Europa ausweiten, natürlich auch auf Spanien."
Ihren Wettbewerbseifer wird sie im deutschsprachigen Raum nicht weiter ausleben. "In diesen Kreisen bin ich zu bekannt", sagt Nicola Keysselitz. "Da müsste ich ganz Außergewöhnliches leisten, um vor der Jury zu bestehen." Nach Birmingham geht es im kommenden Jahr aber auf jeden Fall wieder. "Dann werde ich mit etwas Größerem antreten", weiß sie schon jetzt. Allerdings bereitet der Tortendesignerin der Transport nach England große Sorgen. Schon die "Queen" habe auf dem Flug Anfang November ein paar Dellen abbekommen. Aber auch das werde sie wohl gebacken bekommen.