Münsing:Immer unterwegs

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Der Circus Aron gastiert in Münsing: Vater Simon Köllner (2.v.l) mit fünf seiner Söhne und Töchter: Aron (v.l.), Aschera, Pyron, Leon und Gintano. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Artistenfamilie Köllner berichtet von ihrem harten Leben, das sie auch im Winter durch ganz Bayern führt. Derzeit gastiert der Circus Aron in Münsing

Von Andreas Scheuerer, Münsing

Fast kopfüber und ungesichert hängt der 15-jährige Leon in fünf Metern Höhe. Er versucht, die Beleuchtung für das Zirkuszelt zu installieren. Alles muss rechtzeitig fertig sein für die erste Vorstellung des Circus Aron in Münsing am Donnerstagnachmittag. Mit sechs Geschwistern, Vater Simon und Mutter Rosalinde führt Leon ein ungewöhnliches Leben. "Der Zirkus ist unser Leben", sagt er wie alle in der Familie Köllner. Früher halfen die Dorfkinder beim Aufbau des Zeltes, doch diese Zeiten sind vorbei. "Heute sind wir schon froh, wenn genügend Leute zur Show kommen", erklärt Simon Köllner.

Trotz Schneeregen und Temperaturen unter null Grad baut der Circus Aron sein 200-Mann-Zelt auf. Die Familie scheint das Wetter aber weniger zu stören, "im Gegenteil", wie der Vater sagt, "wir haben Zirkuswetter: Zu schlecht zum Spazierengehen, genau richtig für einen Besuch im Zirkus. Darüber hinaus ist unser Zelt immer gut beheizt."

Der Mann, der in der dritten Generation den Familienzirkus führt, wirkt alles andere als routiniert gelangweilt. Man merkt ihm die Vorfreude förmlich an, die eigenen Künste in der Manege bald wieder präsentieren zu dürfen - und davon kann die Familie Köllner reichlich vorweisen: Ob Messerwurf, Feuerspucken, Akrobatik oder der Clownsauftritt - die Talente in der Familie sind breit gestreut. Im Circus Aron fehlen auch die Tiere nicht. Die Pferde, Ponys, Lamas und Ziegen sind in einem Nebenzelt in Boxen untergebracht; der Boden ist mit Sägemehl präpariert. Das sei wichtig für die Tiere, gerade wenn die Böden so matschig und durchweicht sind wie momentan, erklärt Köllner. Bewacht werden die Tiere dabei von Köllners Hund, der auf den Namen Klitschko hört. Neben dem Tierzelt mietet die Zirkusfamilie auch immer ein Areal an, auf dem sie eine Freiluftkoppel einrichtet, denn "wir möchten es den Tieren möglichst angenehm machen", so Köllner weiter.

Die Zirkusfamilie Köllner stammt aus Neu-Ulm, aber da seien sie schon länger nicht mehr gewesen, sagt Rosalinde Köllner. Die vergangen zwei Jahre sind sie durch Bayern getourt; vor zwei Wochen gastierten sie in Grünwald. Wo sie in zwei Wochen sein werden, wissen sie noch nicht genau, denn die Buchungen seien oftmals spontan. Es sei schwierig geworden, Plätze in Städten oder Gemeinden zu bekommen, da das Interesse am Zirkus schwindet, erklärt die Mutter und Organisatorin im Circus Aron. "Wir müssen auch in den Wintermonaten touren. Ein Urlaub ist da, auch aus finanzieller Sicht, einfach nicht drin", sagt Rosalinde Köllner. Einen festen Wohnsitz hat die Familie derzeit nicht.

Neben der vielen Arbeit achten die Eltern auf ein möglichst intaktes Familienleben. Ein umgebauter Anhänger, der nur wenige Meter vom Zelt entfernt parkt, dient der Familie als Aufenthaltsraum: Flatscreen, Sitzecke und Küchenzeile inklusive. Man kann sich gut vorstellen, wie die neunköpfige Familie zum Abendbrot um den Tisch sitzt. Dennoch, auch Zirkusmenschen benötigen Privatsphäre, wie die Mutter einräumt. Jedes der neun- bis 28-jährigen Kinder habe eine Rückzugsmöglichkeit in den drei anderen Anhängern, die weiter hinten auf dem gemieteten Zirkusgelände stehen. Spätestens zu Beginn der Vorstellung sehen sich dann alle für eineinhalb Stunden, der Dauer einer Aufführung im Circus Aron.

Rosalinde Köllner versucht ihren Kinder neben dem Zirkusleben auch eine Schulbildung zu ermöglichen. Dazu besuchen die Buben und Mädchen zumeist die Schulen der Orte, in denen der Circus Aron gerade Halt macht. Eine Privatlehrerin aus München, die dem Zirkus hinterherreist, unterrichtet die Kinder zusätzlich. Was anderes als Zirkus möchten die Zirkusakrobaten in ihrer Zukunft allerdings nicht machen, sagen sie zumindest. "Es gibt hier jeden Tag etwas Neues zu entdecken", erklärt der 15-jährige Leon, immer noch hängend mit der Installation der Beleuchtung beschäftigt. Kürzlich war der Circus Aron sogar Kulisse für einen Film. Darin spielt ein junges Mädchen die weltbeste Messerwerferin. Das passt irgendwie, denn die Wurfnummer ist auch ein Highlight des Programms vom Circus Aron. Der Vater wirft, die Mutter ist Zielscheibe.

Obwohl das Zirkusleben auch hart sein könne - die Familie kann sich doch nichts anderes vorstellen. "Wenn man Zirkus macht, muss man selbst Spaß daran haben, sonst merkt es das Publikum sofort", betont Simon Köllner. Bis jetzt sei ihnen das noch nicht passiert.

Die Vorstellungen des Circus Aron finden täglich von 4. bis 7. Februar am Ortseingang in Münsing statt. Beginn ist jeweils um 16 Uhr, sonntags um 14 Uhr. Der Eintritt kostet 14, ermäßigt zehn Euro.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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