Münsing:Der erste Aussteiger auf Mallorca

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Mehr als vier Jahrzehnte lang hat Ludwig Salvator das Mittelmeer bereist und hielt seine Erkenntnisse in Büchern fest. (Foto: Ludwig-Salvator-Gesellschaft/oh)

Eine Ausstellung über Ludwig Salvator, Erzherzog und Naturwissenschaftler aus Leidenschaft

Von Benjamin Engel, Münsing

Unkonventionell und wissbegierig muss Ludwig Salvator (1847-1915) gewesen sein: Mehr als vier Jahrzehnte lang hat der österreichische Erzherzog und Cousin Kaiser Franz Joseph I. das Mittelmeer mit dem Schiff bereist. Er erforschte Flora und Fauna, Geschichte und Sitten und hielt seine Erkenntnisse in Büchern fest. Sein Monumentalwerk "Die Balearen" hat rund 6000 Seiten und erschien in sieben Bänden. "Sein ganzes Leben war eine große Reise", erklärt die Ludwig-Salvator-Biografin Helga Schwendinger. Auf Einladung der Münsinger Pocci-Gesellschaft eröffnet sie mit Wolfgang Löhnert, Gründer der Ludwig-Salvator-Gesellschaft, die Ausstellung zu Leben und Werk des Erzherzogs im Bergkramerhof.

Die Ausstellung war vor einem Jahr zum 100. Todestag von Ludwig Salvator in der Wiener Akademie der Wissenschaften zu sehen - zwölf Roll-Ups mit Texten und Illustrationen. Schwendinger möchte in ihrem Vortrag vor allem thematisieren, welche Beziehung der Erzherzog zu Schifffahrt und Meer pflegte. "Er war ein leidenschaftlicher Schwimmer", sagt sie. "In Mallorca ist er jeden Tag ins Meer gehüpft. Da die Mallorquiner damals nicht zum Schwimmen gingen, rief das großes Unverständnis hervor." Schwendinger beschreibt den Erzherzog als profunden Kenner des Mittelmeerraums mit geradezu enzyklopädischem Wissen. Selbst heutige Zeitgenossen könnten davon profitieren. So seien auf der griechischen Insel Zakynthos beim Erdbeben von 1953 nahezu alle Häuser zerstört worden. Dank der zweibändigen Monografie von Ludwig Salvator über die Insel könnten die Einwohner nachschlagen, wie es dort aussah.

Ludwig Salvator war offenbar ein entwurzelter Mensch, ein Getriebener. 1847 kam er als zweitjüngster Sohn von Leopold II., Großherzog der Toskana, in Florenz zur Welt. 1859 wird die Familie im Zuge der italienischen Einigungskriege vertrieben und lässt sich 1860 im böhmischen Schloss Brandeis nieder. Doch Ludwig Salvator zieht es bald zu Forschungsreisen. 1867 besucht er erstmals die Balearen. Nach und nach erwirbt er an der Nordwestküste in der Sierra de Tramuntana zwischen Valdemossa und Deià einen 16 Kilometer langen und zehn Kilometer tiefen Küstenstrich. Darauf dürfen keine Bäume gefällt und keine Häuser gebaut werden. Mit dem Dampfschiff Nixe bereist er das ganze Mittelmeer bis nach Ägypten und Tunesien.

Zu seinen Reisen schrieb Ludwig Salvator zahlreiche wissenschaftliche Bücher. "Er wollte alles festhalten", sagt Schwendinger. Der Erzherzog erwarb Besitz in Triest, in Ägypten und an der Côte d'Azur. Das Mittelmeer begriff er als einheitlichen Lebensraum. Vorurteile, so schrieb er in einem seiner Bücher, würden abgestreift, lerne man ein anderes Volk kennen und lebe in dessen Land. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs war es für den Erzherzog mit dem freien Leben vorbei. Auf Geheiß des österreichischen Kaisers Franz Josef I. musste er auf seinen Besitz in Böhmen zurückkehren, wo er 1915 starb.

Ausstellung "Erzherzog Ludwig Salvator - Fürst des Mittelmeers", Eröffnung, Freitag, 18. November, 18 Uhr, mit Vorträgen von Helga Schwendinger "Wer kennt nicht den Zauber des Meeres" und Wolfgang Löhnert "Ludwig Salvator und die Ionischen Inseln", Bergkramerhof Wolfratshausen, Pocci-Gesellschaft, täglich geöffnet von 10 bis 20 Uhr; bis 8. Januar

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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