Münsing:Andere Richtung, die gleichen Ängste

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Auf Widerstand gegen den Ausbau der Straße nach Holzhausen folgt Protest gegen das Projekt nach Degerndorf.

Von Benjamin Engel, Münsing

Josef Strobl treibt seine Kühe gleich nach dem Münsinger Ortsausgang auf die Weiden östlich der Degerndorfer Straße. Doch er hat Angst um sie: Wenn die Kreisstraße nach Degerndorf wirklich wie geplant ausgebaut wird, würden die Autos dort viel schneller fahren. Und er ärgert sich über den Flächenbedarf. Die Ausbaupläne seien überdimensioniert, sagt er. Dafür will er seine Weiden nicht hergeben. "Das sind die einzigen hofnahen Wiesen, die für die Sommerweidehaltung unserer Milchkühe infrage kommen." Deshalb hat er sich der Initiative von sechs Familien gegen den Ausbau der TÖL 20 angeschlossen, wie die Straße offiziell heißt. Ihre Kritik haben sie in einem Protest-Brief an die Gemeinde formuliert.

Einer der Unterzeichner ist Josef Schwarz: Er wehrt sich gegen die Pläne, die Straße von 5,50 Meter auf 6,50 Meter auszubauen. Dazu kämen noch Bankette von 1,5 Meter Breite und Entwässerungsmulden, kritisiert er. Da gleichzeitig noch Kuppen abgeflacht und Kurven entschärft werden sollten, würde das nur zum Rasen verführen. Und den Schwerlastverkehr würde der Ausbau sogar noch vermehrt anlocken. Dabei litten die Münsinger ohnehin unter den vielen Lastern im Ortsbereich von und nach Degerndorf. An der Abzweigung der Degerndorfer von der Hauptstraße müssten sie durch ein regelrechtes Nadelöhr.

Wenn es nach Schwarz ginge, müsste die Straße einfach nur neu asphaltiert werden. Statt das Geld für einen Ausbau auszugeben, sollten lieber die bereits debattierten Überlegungen für eine Ost-Süd-Umgehung an Münsing, Holzhausen und Degerndorf vorbei vorangetrieben werden. So würden die Anwohner aller Gemeinden entlastet. Schwarz fürchtet, dass eine Umgehung nicht kommen werden, sollten erst einmal die Kreisstraße nach Degerndorf und die Staatsstraße nach Holzhausen - gegen deren Ausbaupläne gibt es ebenfalls Protest - ausgebaut sein. "Jetzt können wir noch etwas machen, nachher nicht mehr."

In ihrem Schreiben kritisiert die Initiative, dass der massive Flächenbedarf die Hofübergabe und sogar eine weitere landwirtschaftliche Bewirtschaftung erschwere und bedrohe. Raser könnten Menschen bedrohen und Vieh, das über die Straße getrieben wird. Gerade an den kurzen Tagen im Herbst würden Autofahrer die Tiere so spät sehen, dass sie kaum noch bremsen könnten. In Höhe des Hauserwegs überquerten zudem viele die Kreisstraße, wenn sie zum Sportzentrum am Hartlweg oder zur Schule unterwegs seien.

Im Staatliche Bauamt argumentiert die zuständige Mitarbeiterin Christine Volkmer damit, dass die Straße schmal und alt sei. Bankette und Einrichtungen zur Entwässerung fehlten. "Die Straße entspricht nicht mehr den geltenden Richtlinien." 13 000 Quadratmeter Grund würden von den anliegenden Grundstücksbesitzern benötigt - nur 3000 davon, um die Asphaltfahrbahn zu verbreitern. Den Rest brauche man für Entwässerungsmulden, Böschungen und Bankette. Die Grundstückseigentümer würden selbst von den geplanten Entwässerungsmulden profitieren. Sie könnten ihre Grundstücke besser nutzen, die bislang nach Regenfällen teils unter Wasser stünden.

Die Straße werde nach einem Ausbau kaum zum Rasen einladen. Es entstehe keine schnurgerade Strecke, lediglich die Kuppen würden abgeflacht und die Kurvenführung verbessert. Die Planung bliebe nah am Bestand. Nötig sei der Ausbau gerade wegen der vielen Laster auf dem Weg zu den Betrieben in Degerndorf: Die Fahrbahn sei bislang so schmal, dass der Gegenverkehr kaum aneinander vorbeifahren könne. Viele Autos müssten auf die Wiese ausweichen. Die Straße einfach nur neu zu asphaltieren, würde den Kreis zudem finanziell belasten. Zuschüsse von 50 Prozent bekomme er nämlich nur, wenn sich die Verkehrssituation verbessere - und das sei nur mit den jetzigen Ausbauplänen der Fall.

Von der Kritik will die Initiative trotzdem nicht lassen - auch wenn eine Umfahrung von Münsing bislang erst einmal Thema in einer Sondersitzung des Gemeinderats vor eineinhalb Jahren war und die Idee seitdem wieder in der Schublade verschwunden ist. Daneben fordern die Familien, dass das Münsinger Ortsschild über die Kreuzung mit der Attenkamer Straße nach Süden verschoben wird. So sollen die Verkehrsteilnehmer frühzeitig zum Abbremsen gebracht werden. Außerdem verlangt die Initiative Tempo 30 für den Bereich zwischen der Hauptstraße und dem Hauserweg und Tempo 70 weiter südlich bei den Gebäuden um das Lagerhaus Graf.

Doch Georg Fischhaber, Sachgebietsleiter für Verkehrswesen im Tölzer Landratsamt, stellt klar. "Um die Geschwindigkeit zu reduzieren, ist es nicht zulässig, das Ortsschild zu verrücken." Die Tafeln dürften nur dort stehen, wo eine geschlossene Bebauung beginne - und nicht fernab davon. Wenigstens auf einer Seite der Straße müssten Häuser stehen.

Und Schilder zur Geschwindigkeitsbeschränkung seien nur noch an Stellen mit besonderem Gefahrenpotenzial vorgesehen - etwa besonders vielen Unfällen oder Rasern. Dem müssten genaue Messungen vorangehen, Vermutungen allein reichten nicht. Derzeit sei Linie der Behörden, so weit als möglich auf Verkehrsschilder wie Geschwindigkeitsbeschränkungen zu verzichten. Die Autofahrer sollten ihre Geschwindigkeit den Straßenverhältnissen anpassen und nur so schnell fahren, dass sie ihr Fahrzeug auch noch beherrschen könnten. So regele das die Straßenverkehrsordnung. "Das klingt nicht schön. An das möchten wir uns aber halten. Ich halte es für vernünftig."

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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