Lenggries:Wortspielraum

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Die Künstlervereinigung Lenggries bereitet ihre Jahresausstellung vor und reflektiert dabei die Grundfesten des eigenen Metiers

Von Felicitas Amler, Lenggries

Ohne Raum ist die bildende Kunst nicht vorstellbar. Ob Wandgemälde, Skulptur oder Video - Kunstwerke brauchen Raum, um ihre Wirkung entfalten zu können. Die Künstlervereinigung Lenggries (KVL) spielt mit diesem Begriff - und mit allem, was das Wort "Raum" nebenbei noch an Assoziationen zulassen mag, vom Bildraum über den Freiraum bis zum Zeitraum. "Spielräume" ist heuer der Titel der Ausstellung, die diese kleine Gruppe von Künstlern einmal im Jahr als Gesamtkunstwerk präsentiert. Die Kunstwoche wird am Freitag, 16. September, eröffnet.

Das Konzept der Schau ist unverändert, auch wenn die ausführenden Protagonisten gewechselt haben: Die ausgestellten Arbeiten sollen sich aufeinander beziehen, also als Ganzes, Gesamtes wirken. Drei Gast-Künstler tragen dazu bei, von denen wiederum zwei wahrhaftig raumgreifende Werke mitbringen: Objektkünstler Erwin Wiegerling (laut SZ-Kritik "ein ausgewiesener Spezialist für Denkräume") mit einem siebeneinhalb Meter hohen Stahlobjekt und einem ebenfalls ausladenden Environment, Bildhauer Andreas Kuhnlein mit seinen menschhohen zerklüfteten Holzskulpturen.

Die KVL ist in der glücklichen Situation, für derlei anspruchsvolle Ausstellungen Raum zu haben. Herrliche Räume sogar, die sie wenigstens einmal im Jahr bespielen kann: jene der früheren Schlossbrauerei, jetzt katholisches Pfarrheim. Große und hohe Räume sind das, in denen sich dank Galerie auf der einen und Bühne auf der anderen Seite quasi noch Nebenräume inszenieren lassen. Auch dies ein Spiel.

Günter Unbescheid, Heidi Gohde und Ursula-Maren Fitz - die Neuen an der Spitze der KVL nach Jürgen Dreistein und Ecki Kober - reflektieren im Begleitblatt zur Ausstellung den selbst gewählten Titel, in dem Spiel und Raum "eine Symbiose eingehen". Sie zitieren Schiller über die Bedeutung des Spielens für den Menschen, sprechen von den kreativen Kräften, die durch Spiel freigesetzt werden, von der Freiheit der Gedanken und vom "Spielraum der Gefühle" des Künstlers. "Spielräume" verweise auch auf die Grundfesten zeitgenössischer Kunst, sagen sie. Dies seien der freie, auch respektfreie Umgang mit Farben und Formen, die kindliche Lust am fantasievollen Experimentieren, das Spiel mit inneren und äußeren Bildern, aber auch der Anspruch, dem Betrachter überraschende und ungewohnte Perspektiven zu eröffnen. Schlusssatz im Vorwort der KVL: "Homo ludens, der Mensch, der im Spiel seine Fähigkeiten entdeckt, braucht seinen Raum."

Anders als in den beiden vergangenen Jahren kommen die Gast-Künstler der Lenggrieser Kunst-Woche diesmal nicht aus der Bretagne, wo die fünf Partnerkommunen der Gemeinde liegen. Erwin Wiegerling, der unter dem Künstlernamen e.lin arbeitet, stammt aus der Nachbarschaft, er hat sein Atelier in Gaißach; Kuhnlein - der gerade in der Münchner Glyptothek ausstellt - kommt aus Unterwössen, Malerin Michaela Mara aus dem Salzburger Land. Dazu kommt noch Paul Schwarzenberger, Architekt am Ort, mit Gedichten und Collagen, sowie als Gast der Midissage, die es diesmal geben wird, die Gruppe Ricoart aus München, die eine pantomimische Interpretation der Spielräume bietet. Zur Ausstellung gibt es wie immer eine Jahresgabe, es ist diesmal eine Aquatinta-Grafik von Ursula-Maren Fitz.

Künstlervereinigung Lenggries: Kunstwoche "Spielräume", Vernissage am Freitag, 16. September, von 19 Uhr an, Midissage am Donnerstag, 29. September, 19 Uhr. www.kv-lenggries.de

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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