Landtagskandidat :Heimat ja, aber anders

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Seine persönlichen Chancen seien ihm nicht so wichtig, sagt der Kandidat Elmar Gehnen. Vielmehr hoffe er, dass es der Linken überhaupt gelingt, in den bayerischen Landtag zu kommen. (Foto: Manfred Neubauer)

Wahl-Bayer Elmar Gehnen kandidiert als Linker für den Landtag. Er will sich sozial und ökologisch engagieren

Von Thekla Krausseneck, Bad Tölz

Wer in den bayerischen Landtag einziehen will, der sollte sich schon einmal gefragt haben, was der Begriff Heimat für ihn bedeutet. Denn Heimat ist ein großes Wort für die Bayern - für die einen rein emotional, für die anderen vor allem kommerziell gesehen. Der 62-jährige Elmar Gehnen stammt aus Lippstadt in Nordrhein-Westfalen; seine Heimat verortet er heute aber in Bad Tölz. Was er an den Bayern mag, sei eben "ihr starkes Heimatgefühl", sagt er. Mit deren Stimmen will Gehnen heuer in den Landtag einziehen. Das wäre nicht nur für ihn eine Premiere, sondern auch für seine Partei - die Linke.

Der Fotografenmeister Gehnen kam im Jahr 2000 nach München, wo er das Studio "Fotoart.nu" eröffnete, das den Schwerpunkt auf kunstwissenschaftliche Fotografie, Architektur und Werbung legte. 2003 musste er das Studio aus gesundheitlichen Gründen wieder aufgeben; zwei Jahre später zog er nach Bad Tölz, wo er 2007 der Linken beitrat. Heute ist Gehnen Parteisprecher im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Sozial engagiert war er bereits in jungen Jahren: Von 1984 an organisierte er für die Stadt Mannheim Jugendfreizeiten und half Jugendlichen ehrenamtlich beim Sprung ins Berufsleben.

Jetzt will er auf Landeseben etwas bewirken. "Die Politik in Bayern ist für mich eine Ein-Parteien-Diktatur", sagt Gehnen. Minderheiten und fremde Kulturen würden nicht respektiert, die Achtung vor Andersdenkenden sei eingeschränkt.

Als Mitglied der Opposition im Landtag will Gehnen helfen, einen Strukturwechsel herbeizuführen. Dass dieser in Bayern dringend nötig sei, sehe er an Beispielen wie dem Steinbruch im fränkischen Gunzenhausen. Dort sei die Abbruchgenehmigung schon lange überzogen worden, "aber das kümmert niemanden", sagt Gehnen. "Die Bürger protestieren, aber die Verantwortung wird immer zwischen Landratsamt und Staatsregierung hin und her geschoben." In der Zwischenzeit rücke der Steinbruch immer näher an den Ort heran. "Die Besitzer des Steinbruchs haben eben ihre Beziehungen in die Staatsregierung", sagt Gehnen.

Mit Heimatliebe habe das, was die CSU-Regierung mache, auch nicht mehr viel zu tun, kritisiert er - Beispiel: Riedberger Horn. Die Grasgehrenlifte wollen dort zehn Millionen Euro in eine Beschneiungsanlage und einen Achter-Sessellift investieren, der Bund Naturschutz spricht von "gigantischen Neubauten", die Biotope zerstören könnten. Der Landtag erteilte die Sondergenehmigung. "Ich finde es recht eigentümlich, dass die Staatsregierung in einem Bundesland, in dem der Begriff Heimat so eine starke Bedeutung hat, einen gnadenlosen Raubbau an der Natur betreibt", sagt Gehnen. "Es geht nur um Kommerz. Die Heimat wird verkauft."

Seine eigenen Schwerpunkte will Gehnen auf die Pflege legen: Wie er von privaten Bekannten aus erster Hand wisse, seien die Zustände in der Branche eine Katastrophe. Besonders interessierten ihn darüber hinaus die Bedürfnisse Behinderter und Senioren, etwa im Verkehrsbereich. Gerade in Bad Tölz sei die Situation stark verbesserungswürdig, nur ein paar Mal am Tag gingen Busse nach Geretsried und Wolfratshausen, ins Umland gelange man noch schwieriger. Rentner sollten ähnlich wie Menschen mit Behinderung ein vergünstigtes Ticket erhalten, das für den gesamten ÖPNV gelte: "Ich denke, dass sich der reiche Freistaat das leisten kann", sagt Gehnen. Wer genug Geld habe, um nicht auf eine solche Karte angewiesen zu sein, fahre in der Regel auch nicht mit dem Bus.

Wie gut seine Chancen stehen, kümmere ihn noch nicht, sagt der Kandidat - ihm gehe es darum, den Menschen die Gelegenheit zu geben, die Linke zu wählen. Doch der Einzug des Geretsrieders Andrea Wagner in den Bundestag habe die Aufmerksamkeit im Landkreis auf die Linke gezogen, was zumindest dazu führen könnte, so seine Hoffnung, dass sie erstmals in den Landtag einzieht: "Allein das wäre eine Niederlage für die CSU." Eine Veränderung spüre er auch bei Infoständen, sagt Gehnen. Vor ein paar Jahren sei die Linke von Passanten noch angefeindet worden. Inzwischen komme das nur noch vereinzelt vor - stattdessen zeigten sich die Leute interessiert.

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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