Kommentar:Bad Tölz hat nie seinen Frieden mit dem "Bullen" gemacht

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Der Kultserie war für die Kurstadt ein Geschenk des Himmels. Allerdings eines, das sie seltsamerweise nie recht annehmen mochte.

Von Klaus Schieder

Der Fernsehserie "Bulle von Tölz" war für die Kurstadt ein Geschenk des Himmels. Allerdings eines, das sie seltsamerweise nie recht annehmen mochte. Die Filmleute waren mit ihren Dreharbeiten in der Marktstraße eher lästig, die Stadt verlangte für alles Miete von der Produktionsfirma , die Geschäftsleute fürchteten um Kunden. Die Polizei soll Strafzettel an falsch parkende Crew-Mitglieder verteilt haben, ein Container mit Requisiten wurde kurzerhand vernichtet. Schon erstaunlich für eine Touristenstadt, dass sie den enormen Werbeeffekt einer TV-Serie eher als marginal ansah. Zumal einer, die wie kaum eine andere Kultstatus erlangte.

Bad Tölz und der Bulle - das war noch nie eine Liebesbeziehung. Als 2013 der Bullen-Brunnen am Max-Hoefler-Platz eröffnet wurde, konnte man Kommentare wie "hässliche alte Rostlaube" lesen. Ein Jahr später baten der Ausstellungsmacher Peter Syr und Ladeninhaber Peter Seidl die Bevölkerung um Requisiten - ohne Resonanz. Dabei lockt die vor sieben Jahren abgedrehte Serie noch immer Besucher nach Bad Tölz - ohne dass die Stadt je Zahlen vorgelegt hätte, wie viele Gäste alleine deswegen kommen.

Sicher wird der Hype um den "Bullen" langsam abnehmen, das zeigen schon die nun doch sinkenden Einschaltquoten bei den Wiederholungen der Wiederholungen. Dies spielt aber kaum eine Rolle. Die Kultserie hat so viele Hardcore-Fans, die alle Folgen längst auf DVD besitzen, vor allem im nahen Österreich. Da kann die Stadt noch lange touristisch Honig aus ihr saugen. Dafür müsste sie den Filmemachern eigentlich auf Knien danken. Aber dem ist nicht so. Der Bulle hat für viele Tölzer weiter wenig bis nichts mit Tölz zu tun, das zeigt auch das Faktum, dass sich kein Stadtrat bei der Einweihung des rekonstruierten Büros im Herderbad sehen ließ. Hauptdarsteller Ottfried Fischer dürfte dies nicht verblüfft haben. Wie sagte er doch über den letzten Drehtag vor sieben Jahren? "Wenn sie wenigstens traurig gewesen wären, als wir abgedreht hatten . . ."

© SZ vom 09.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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