Sonnenfinsternis in Königsdorf:Spektakel im Spektiv

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Etwa hundert Interessierte erleben die partielle Sonnenfinsternis an der Isartalsternwarte in Königsdorf. Sofi-Brillen wandern dabei von Hand zu Hand.

Von Ingrid Hügenell, Königsdorf

Es ist merklich kühler geworden. Der Himmel ist leicht grau gefärbt, nicht mehr strahlend blau wie noch vor wenigen Minuten: Freitag, 10.39 Uhr, die partielle Sonnenfinsternis hat ihren Höhepunkt erreicht. Der Vollmond bedeckt fast 70 Prozent der Sonne. Etwa hundert Menschen stehen auf der Dachterrasse der Isartalsternwarte in Königsdorf und schauen gespannt nach oben. Vor Teleskopen, Spektiv und Feldstecher haben sich lange Schlangen gebildet. Die wenigen Sofi-Brillen wandern von Hand zu Hand. Dass man nicht ungeschützt in die Sonne schauen darf, ist für die Besucher hier selbstverständlich.

Die optischen Geräte, die auf der Terrasse aufgebaut sind, gehören Mitgliedern des Sternwarten-Vereins, zum Teil haben sie sie selbst gebaut, wie Christian Müller seinen "Big Joe", das größte Teleskop auf der Terrasse. Der sechs-Zoll-Refraktor zeigt ein seitenverkehrtes, orangefarbenes Bild der Sonne, auch einzelne Sonnenflecken sind zu sehen. Müller, stellvertretender Vorsitzender des Sternwarten-Vereins, erklärt geduldig immer wieder, was man sehen kann. Etwa die Granulation der Sonnenoberfläche, eine grieselige Struktur, die dadurch zustande kommt, dass die heißen Gase der Sonne ständig in Bewegung sind.

Derweil ist auch das große Teleskop in der Kuppel der Sternwarte in Betrieb. Vereinsvorsitzender Kurt Motl hat es so eingestellt, dass man die Vega sehen kann, einen Fixstern, der wegen seiner Helligkeit im Teleskop auch am Taghimmel zu sehen ist. Dass bei weitem nicht alle Besucher Astronomie-Experten sind, merkt man daran, dass Motl hier den Unterschied zwischen Sternen und Planeten, der Vega und der Venus erklären muss.

Eigentlich sind die Besucher ohnehin wegen der Sonne hier, und sie nutzen die Chancen zur Beobachtung. Christoph Otawa hat sein H-Alpha-Teleskop aufgebaut, durch das man besonders gut die Protuberanzen der Sonne beobachten kann, leuchtende Bögen von Materie, die aus der Sonnenoberfläche herausgeschleudert werden. Zwar sind sie im Okular des Teleskops nur einige Millimeter groß, aber dennoch sehr beeindruckend.

Felix hat schon mehrmals durch alle Geräte geschaut. Er ist mit seiner Mutter aus Gelting gekommen. Der Elfjährige besucht die Montessori-Schule in Dietramszell und hat frei bekommen, weil er alles spannend findet, was mit Astronomie zu tun hat. "Ich bin sehr glücklich, dass die Schule die Interessen der Kinder so unterstützt", sagt seine Mutter. Katharina Zimprich hat mit ihrer elf Monate alten Tochter einen Spaziergang zur Sternwarte gemacht. Sie ist das erste Mal hier, will nun aber öfter kommen. Die Sternwarte ist seit knapp einem halben Jahr geöffnet und laufe sehr gut, sagt Müller. Viele Schulklassen besuchten sie. Müller erzählt von einem Besuch der Von-Rothmund-Schule der Lebenshilfe. Ein Bub mit Down-Syndrom habe sich so über den Anblick des Jupiters gefreut, dass er vor Begeisterung herumgehüpft sei. Den größten Planeten des Sonnensystems kann man momentan gut am Abendhimmelbeobachten. Die Sternwarte hat jeden Mittwoch und Freitag abends geöffnet.

Brigitte Aschenbrenner sitzt gemütlich auf einem Stuhl und schaut mit einer Sofi-Brille zu, wie der Mond erst allmählich die Sonne verdeckt und dann wieder frei gibt. Die ältere Dame hat mit der Freizeitbörse des Vereins "Bürger für Bürger" einen Ausflug zur Sternwarte gemacht. Wie alle hier, bis auf die Jüngsten, erinnert auch sie sich an die totale Sonnenfinsternis im August 1999. "Das war das volle Erlebnis", sagt Aschenbrenner.

© SZ vom 21.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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