Königsdorf:Jubel, Trubel, Anteilnahme

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Obwohl in Königsdorf zwei Menschen gewaltsam starben, feiert die Gemeinde Fasching - mancher jubelt verhalten

Von Benjamin Engel, Königsdorf

Garde-Mädchen, die mit der Konfetti-Kanone in die Menge schießen und fröhlich winkend Bonbons vom Prinzenwagen werfen: Beim Königsdorfer Faschingsumzug wirkten die Zugteilnehmer am Dienstag ausgelassen wie immer. Und doch war die Stimmung unter den Zuschauern nach dem Raubmord im Ortsteil Höfen augenscheinlich etwas verhaltener als üblich. Der Jubel für die Gruppen mit ihren Motivwagen fiel in diesem Jahr weniger frenetisch aus.

Etwas mehr als 3000 Zuschauer verfolgten laut Veranstalter die 13 Motivwagen entlang der Königsdorfer Hauptstraße. Das waren weniger als beim jüngsten Umzug vor zwei Jahren. Damals waren die "Kinschdarfer Maschkera" aber unter wolkenlosem Winterhimmel durch das Dorf gezogen. Dieses Jahr war es bei rund vier Grad Celsius nasskalt und bewölkt.

Szenen aus der Königsdorfer Lokalpolitik: Unter dem Motto "Fenster zum Geld rausschmeißen" warfen die Maschkera mit Spielgeld in die Menge. Damit griffen sie die Auseinandersetzungen zwischen Bürgermeister Anton Demmel (FW) und dem Tölzer Landrat Josef Niedermaier (FW) um die Schranke an der Grundstraße auf. Der Königsdorfer Bürgermeister und die Gemeinderäte hatte die Verbindungsstraße in den Geretsrieder Süden im Vorjahr für den Verkehr sperren wollen, was das Landratsamt untersagte. Die für 5000 Euro montierte Schranke musste offenbleiben. Der Kommentar der Maschkera: Dem Gemeinderat sei langweilig geworden und so sei eine offensichtlich nutzlose Schranke gebaut worden. "Heid ohne Beschrankung" hieß es beim Wagen zum "Großen Preis von Kinschdorf", von dem sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton ein Duell in Seifenkistenwagen lieferten.

Genauso spöttisch kommentierten die Narren die Politik der Nachbarkommunen. Für Wolfratshausen hatten sie nur einen Begriff übrig: "Kasperltheater". Und hinter dem Wagen trottete ein mit Lametta und bunten Kugeln üppig behängter Christbaum hinterdrein. "Bin auf Herbergssuche", verkündete ein Schild an einem Zweig. Beim Publikum bettelte der Christbaum um Obdach, sogar mit der Toilette sei er zufrieden, erklärte er. Denn die Stadt Wolfratshausen hatte im Vorjahr wegen brandschutzrechtlicher Auflagen auf einen Christbaum am Marienplatz verzichtet, stattdessen einen übergroßen Adventskranz angebracht.

Mit einem mobilen Geburtenwagen kommentierten die Zugteilnehmer die drohende Schließung der Tölzer Geburtshilfe. Vorn am Wagen thronte der Storch und blätterte im Karriere- und Stellteil einer Zeitung. Statt einem interkommunalen Hallenbad in Geretsried hatten die Narren gleich ein mobiles Hallenbad samt - allerdings gesperrten - Sprungturm eingerichtet und verteilten dafür gleich einmal Freikarten. Ein Wagen wurde zum "Stinke-Auto" mit Rauch und Qualm. Der bissige Kommentar: "Laut VW ist das ein Elektroauto".

Doch es ging auch weniger politisch: Die wilden Fellgesellen der Schönrainer Perchten kehrten mit Reisigbesen den Winter aus. Und die Narren feierten als Spider Murphy-Gang verkleidet 40 Jahre Rock'n'Roll.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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