Knapper Wohnraum:Ein Einheimischenmodell als unendliche Geschichte

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In Lenggries weist ein Flächennutzungsplan ein großes Areal im Landschaftsschutzgebiet neuerdings als Wohnbaufläche aus. Doch es gibt viele offene Fragen

Von Petra Schneider, Lenggries

Auch in Lenggries ist bezahlbarer Baugrund für einheimische Familien Mangelware. Auf einem rund 7700 Quadratmeter großen Areal nordwestlich der Bretonenbrücke in Wegscheid will eine Eigentümergemeinschaft seit langem Baurecht erwirken: Seit dem Jahr 1993 wurden immer wieder Bauanträge gestellt, die wegen der Außenbereichslage der Flächen, die vollständig im Landschaftsschutzgebiet "Isarauen" liegen, bisher von Gemeinde und Landratsamt abgelehnt wurden. Nun haben sich die planungsrechtlichen Voraussetzungen geändert: Im neu aufgestellten Flächennutzungsplan wurde das Areal als Wohnbaufläche dargestellt. Auch in Bezug auf das Landschaftsschutzgebiet hat das Landratsamt Befreiungen in Aussicht gestellt. Die Eigentümergemeinschaft hat nun erneut einen Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplans auf dem in sieben Parzellen geteilten Grundstück eingereicht. Die Gemeinde will Baurecht dort allerdings nur schaffen, wenn auch Grundstücke im Einheimischenmodell verkauft werden.

Bauamtsleiter Anton Bammer sieht diesbezüglich noch Klärungsbedarf. Denn die Eigentümergemeinschaft habe Fragen bisher "fast alle nicht beantwortet", dafür aber "sehr viel gedroht", sagte Bammer im Gemeinderat. So sei weder geklärt, was gebaut werden soll, noch inwieweit Eigenbedarf bestehe. Die Eigentümer stimmten zwar einem Einheimischenmodell zu, allerdings nur für eine Geltungsdauer von zehn Jahren. Innerhalb dieses Zeitraums würden sie sich verpflichten, Grundstücke an Lenggrieser Bürger zu verkaufen - zu marktüblichen Preisen. Ein Vorabverkauf an die Gemeinde, wie dies in Einheimischenmodellen normalerweise üblich ist, komme laut anwaltlichen Schreiben für die Grundstückseigentümer nicht in Frage. Auch der Zeitpunkt einer Bebauung werde völlig offen gelassen. "Aus Sicht der Bauverwaltung führt auf dieser Basis kein Weg zu einer bedarfsgerechten Baulandausweisung", fasste Bammer zusammen. Die Gemeinde solle aus landwirtschaftlichem Grünland Bauland machen, selbst aber keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Bebauung oder die künftigen Bewohner haben. Im schlimmsten Fall könnten die Eigentümer zehn Jahre abwarten und dann die Grundstücke an den Höchstbietenden verkaufen. Die Gemeinde müsse aufpassen, dass sie keinen Präzedenzfall schaffe, warnte Bürgermeister Werner Weindl (CSU). "Denn dann kann man Einheimischenmodelle in Lenggries generell vergessen." Es sei üblich, dass bei Einheimischenmodellen 50 bis 70 Prozent der Fläche von einer Gemeinde gekauft und dann günstig und nach festgelegten Kriterien abgegeben werden. Auf der restlichen Fläche könne der Eigentümer bauen. Eine Gemeinde sei nicht verpflichtet, einen Bebauungsplan aufzustellen, betonte Bammer. Auch wenn das Areal im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellt ist, ergebe sich dies nicht automatisch.

Die Eigentümer berufen sich dagegen auf Tauschverträge aus dem Jahr 1981, die sie im Zuge des Baus der Bretonenbrücke mit dem Freistaat abgeschlossen haben und die offenbar Zusagen für ein Baurecht enthalten. Weindl sieht die Gemeinde dagegen nicht in der Verpflichtung, solange er nicht Einsicht in die damaligen Verträge nehmen könne. Vom Notar sei ihm eine solche verweigert worden mit der Begründung, die Gemeinde sei an den damaligen Vereinbarungen nicht beteiligt gewesen. Die Meinungen im Gemeinderat gingen auseinander: Günter Haubner (FWG) forderte einen Schlussstrich unter diese "unendliche Geschichte". Die wiederholte Antragstellungen über viele Jahre zeige, dass offenbar ein Anspruch der Eigentümer bestehe. Die Glaubwürdigkeit der Gemeinde sei in Gefahr, wenn sie Verpflichtungen nicht erfülle. Franz Schöttl (CSU) betonte dagegen die Verpflichtung einer Gemeinde, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. "Das wäre eine Fläche, die für ein Einheimischenmodell zur Verfügung stehen würde." Der Gemeinderat einigte sich schließlich mit 13 zu sechs Stimmen darauf, in einem Gespräch mit den Grundstückseigentümern offene Fragen zu klären.

© SZ vom 02.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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