Kein Anbau am Haus:Gelting soll dörflich bleiben

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Stadträte lehnen Bauantrag ab, obwohl er zulässig ist

Von Felicitas Amler, Geretsried

Was ist schön? Was ist ein Dorf? Und was ist erlaubt? Auf zwei dieser Fragen gibt es unterschiedliche Antworten. Das hat sich am Dienstag im Bauausschuss des Geretsrieder Stadtrats gezeigt. Die Mehrheit des Gremiums findet es ganz und gar nicht schön, wie eine Geltinger Familie ihr Haus am Loisach-Isar-Kanal erweitern möchte - und lehnte den Bauantrag ab. Das allerdings können die Stadträte letztlich gar nicht durchsetzen, und sie wissen das auch: Solange das Vorhaben baurechtlich in Ordnung ist, muss es genehmigt werden. Das scheint der Fall zu sein, denn Bürgermeister Michael Müller (CSU) sagte, das Landratsamt werde die in Geretsried nicht gewährte Zustimmung "ersetzen", wie es im Fachjargon heißt.

Die Familie möchte an ihr Haus aus den Dreißigerjahren einen schlicht-modernen Anbau setzen. Statt eines Satteldachs ist auf dem um eine Etage niedrigeren und flachen Erweiterungsgebäude eine Dachterrasse vorgesehen. CSU-Stadträtin Sabine Gus-Mayer fand diese Vorstellung ganz charmant und sagte: "Wir haben schon viel Schlimmeres genehmigen müssen." Anders ihr Fraktionskollege Franz Wirtensohn, im Volksmund "der Bürgermeister von Gelting" genannt. Er ist stets sehr bemüht, den Charakter des ehemaligen Dorfs Gelting, das formal ein Geretsrieder Stadtteil ist, zu bewahren. Einen Bau ohne Satteldach hält er für unpassend, und er hat "Angst, dass das Nachahmer findet".

Andere Stadträte zogen mit ähnlichen Einschätzungen nach, und nach einer Weile gab auch der Bürgermeister seine Zurückhaltung auf. Er nannte den Anbau "so'n Kasten" und ereiferte sich über Architekten, die nicht auf die Umgebung Rücksicht nehmen. Das habe er gerade im österreichischen Seefeld gesehen, berichtete er kopfschüttelnd. Im Übrigen seien Architekten, "wenn sie sich mal auf was eingeschossen haben", davon nicht mehr abzubringen. Grünen-Sprecher Volker Witte schloss sich mit der Bemerkung: "Ich finde es auch scheußlich", an. Hans Hopfner (SPD) dagegen sagte, man könne sich die Diskussion eigentlich sparen: "Die sich dagegen entscheiden, schießen mit Platzpatronen." Dies tat am Ende außer Müller, Wirtensohn und Witte auch Ewald Kailberth und Wolfgang Möckel (beide CSU).

Zwei Millionen Euro für Straßen

Einvernehmlich entschied sich der Ausschuss für einige städtische Baumaßnahmen. So soll die Laufbahn im Isaraustadion für 235 000 Euro saniert werden. In Gelting wird die Leitenstraße, die bisher nur zu einem Teil ausgebaut ist, vollständig hergestellt; so wird der Rind im Westen des Gewerbegebiets geschlossen. Dafür sind 1,6 Millionen Euro vorgesehen. Volker Witte kritisierte zwar, dass für den Bau etwa 50 Bäume gefällt werden müssen, stimmte aber zu. Die Fahrbahn der Richard-Wagner-Straße wird für 260 000 Euro saniert. Für 30 bis 40 kleinere Maßnahmen ist ein Straßenunterhaltsbudget von 350 000 Euro geplant. Seit zwei Jahren saniert Geretsried so nach und nach sein teils marodes 80 Kilometer umfassendes Straßennetz.

© SZ vom 15.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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