In den Geretsrieder Ratsstuben:Erfüllt und virtuos

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Beeindruckende Matinee mit Guido Schiefen und Olaf Dreßler

Von Sabine Näher, Geretsried

Mit gerade einmal 22 Jahren wurde Guido Schiefen im Jahr 1990 Preisträger des Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerbs in Moskau. Von da an entwickelte sich die Karriere des 1968 bei Bonn geborenen Cellisten rasant. Neben seinen internationalen Konzertverpflichtungen ist er seit 15 Jahren der künstlerische Leiter des "Rhein-Sieg Kammermusikfestivals". Daneben gibt er Meisterkurse im In- und Ausland und lehrt seit sieben Jahren auch an der Hochschule für Musik in Luzern. In der Konzertreihe der Münchner Stiftung "Zukunft Mensch" im gut gefüllten Ratsstubensaal in Geretsried war Schiefen am Sonntagvormittag mit dem Pianisten Olaf Dreßler zu Gast. Eine leichte Vorspeise vor dem Mittagessen wurde indes nicht geboten, vielmehr ein sehr anspruchsvolles Programm.

Als Einstieg diente Bachs Sonate BWV 1028. Der Cellist gilt als ausgewiesener Bach-Interpret und ließ, tief versenkt, erfüllt und virtuos zugleich, seine Vertrautheit mit und Liebe zu dieser Musik spürbar werden. Vom Barock zur Moderne und Olivier Messiaen: "Louange á l'Eternité de Jésus" wurde mit ungemein zartem, schlankem Celloton zum wehmütig-ergreifenden Gesang. Beeindruckende Stille im Saal, ehe der Applaus losbrach. In Beethovens Variationen über ein Thema aus Händels Oratorium "Judas Maccabäus" schaut die Wiener Klassik auf den barocken Meister: elegante Leichtigkeit, graziöse Anmut und (da das Thema hierzulande auf den Text "Tochter Zion, freue dich" bekannt ist) auch ein wenig Vorweihnachtsfreude. Gaspar Cassadós Suite für Solocello ist laut Schiefen eine "Hommage an Bach mit dem Kolorit seiner spanischen Heimat". Mit südländischem Feuer schlug er damit den Bogen zum Eröffnungswerk.

Mit zwei Préludes von Claude Debussy konnte sich der 1958 in Dresden geborene Olaf Dressler, der eine Klavierprofessur an der Münchner Musikhochschule inne hat, alleine auf dem Podium bewähren. György Ligetis Sonate für Solocello verlangte darauf Schiefen höchste Virtuosität ab. In größtem Ausdrucksgegensatz zu deren aufgeregt-nervösem zweiten Satz stand Ravels "Pavane pour une infant défunte": ein ergreifender Trauergesang, von zärtlichen Erinnerungen durchzogen.

Zum Abschluss des französischen Teils, der durch den Terror in Paris "unerwartete Aktualität" erfahren habe, wie Dreßler anmerkte, Debussys Sonate für Cello und Klavier mit einem sprechend ausgestalteten ersten und einem spröden, aufbegehrenden zweiten Satz, der quasi ein Ausrufezeichen hinter dieses bemerkenswerte Programm setzte.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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