Im Verbund:Geretsried strebt nach Höherem

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Die Stadt soll zusammen mit Wolfratshausen "Oberzentrum" werden, wünschen sich Bürgermeister und Rat

Von Felicitas Amler, Geretsried

Geretsried gibt sich selbst ein neues Stadtzentrum und will mit Wolfratshausen zusammen ein Oberzentrum bilden. (Foto: Manfred_Neubauer)

Deggendorf und Plattling sind es, Waldkraiburg und Mühldorf sollen es werden: ein Oberzentrum, also Städte, die gemeinsam wirtschaftlich und infrastrukturell das Zentrum einer ganzen Region bilden. Das strebt der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) nun auch für seine Stadt im Verbund mit Wolfratshausen an. Ziel sei es, damit die großen Verkehrsfragen zu lösen, die zentralen Versorgungseinrichtungen zu sichern und eine Abgrenzung zum Ballungsraum München zu schaffen. Theoretisch - aber das sei nicht seine eigentliche Absicht - könne ein Oberzentrum auch Standort universitärer Einrichtungen werden. Ob Geretsried und Wolfratshausen vom Mittel- zum Oberzentrum avancieren, entscheidet die Landesplanung. Zunächst muss Müller das Vorhaben mit seinem Amtskollegen Klaus Heilinglechner (BVW) besprechen.

Müller hat das Thema Oberzentrum als eines von mehreren aus der Klausur des Geretsrieder Stadtrats am vergangenen Wochenende in Bad Aibling mitgebracht. Er berichtete am Montag in einer Pressekonferenz von den zwei Tagen, an denen sich Räte und Verwaltungsmitarbeiter über den Flächennutzungsplan, das Stadtleitbild und die Frage der Identität Geretsrieds 70 Jahre nach Kriegsende ausgetauscht hatten. In der Juli-Sitzung des Stadtrats wird öffentlich über die Ergebnisse gesprochen; nach der Sommerpause soll zu einem Bürger-Dialog eingeladen werden, kündigte Müller an.

In der Klausur wurden sechs "Oberziele" für die Stadtentwicklung ins Auge gefasst. Sie reichen von innovativen Wohnprojekten und Ausbau der Kinderbetreuung über ein kommunales Bildungsangebot und Stärkung der Kultur bis zu zukunftsweisenden Energiekonzepten. In einem weiterzuentwickelnden Stadtleitbild sollen dazu Detailziele festgelegt werden.

Wie stark soll die Stadt wachsen?

Müller sagte, die entscheidende Frage der Stadtentwicklung sei, ob und wie stark Geretsried wachsen soll. Laut Planungsverband Region Oberland würde Geretsried, das derzeit 26 000 Einwohner hat, in den kommenden 20 Jahren auf 23 000 schrumpfen, wenn es sich komplett abschottete; auf 32 000 Einwohner anwachsen, wenn es alles laufen ließe; und 36 000 erreichen, wenn alles, was an Baurecht vorhanden und auf Böhmwiese und Lorenz-Areal noch möglich ist, voll ausgeschöpft würde. "An dieser Bandbreite müssen wir uns orientieren", sagte Müller, und zwar in allen Fragen der Infrastruktur, wie Schulen, Straßen oder Abwasser. Der Bürgermeister betonte, die Region werde wachsen, ob man es wolle oder nicht. Wenn die Kommunalpolitik dies ungeordnet geschehen ließe, würden Arme an den Rand gedrängt: "Am Ende hätten wir eine starke Spaltung unserer Gesellschaft." Deswegen müsse die Politik "proaktiv agieren".

So habe in der Klausur Einigkeit darüber geherrscht, dass das "Geretsrieder Modell", welches aktuell auf das Neubaugebiet Banater Straße (Lorenz-Areal) angewendet wird, allgemein verbindlich eingeführt werden müsse. An der Banater Straße werden die rund 800 Wohnungen nach einem Schlüssel gebaut: 40 Prozent Eigentums- und je 30 Prozent öffentlich geförderte und frei finanzierte Wohnungen. Dieses 40/30/30-Modell soll künftig auf alle Neubauten angewendet werden; wie, darüber muss der Stadtrat eigens befinden.

Eine weniger konkret zu fassende Frage ist die nach der Identität der Stadt. Bisher habe sich Geretsried als Vertriebenenstadt definiert. Ob es diese noch sei oder sich inzwischen als Einkaufs-, Sport- oder Kulturstadt oder als Handelszentrum sehe, das gelte es zu klären, sagte Müller. Und die Identität müsse sich dann auch in der künftigen Architektur widerspiegeln. "Wir müssen in einen Diskussionsprozess einsteigen."

Auf die Frage, wie er einem Fremden die Vorteile Geretsrieds darlegen würde, sagte der Bürgermeister: "Die Stadt hat eine gute Infrastruktur. Du wirst hier offen aufgenommen, kannst dich gut einbringen, und Geretsried hat die Nähe zur Stadt München, aber auch die Natur." Er selbst wohne am Johannisplatz im dritten Stock und sehe aus dieser Perspektive immer, wie grün Geretsried doch sei.

Im Stadtrat wird die Klausur am Dienstag, 24. Juli, 17 Uhr nachbereitet.

© SZ vom 10.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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