Serie "Wirtschaftswunder":Zurück zu den Wurzeln

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Das Gasthaus Klostermaier ist seit Generationen im Familienbesitz. Zwischendurch hat es aber unter schlechten Pächtern gelitten. "Ein Desaster", sagt Karin Schmid, die heutige Chefin des hervorragenden modernen bayerischen Landhotels

Von Claudia Koestler, Icking

Gastlichkeit ist ja in ganz Bayern sprichwörtlich. Doch wenn irgendwo bayerische Tradition und weltgewandte Moderne, Gastlichkeit und Weitblick aufeinandertreffen, dann hier: im Ickinger Landhotel Klostermaier. Im holzvertäfelten Saal mit den schwarz-weißen Makroaufnahmen aus der Küche an der Wand karteln ein paar Spezl oder treffen sich örtliche Macher zu Versammlungen. Im Gastraum servieren die freundlichen Angestellten bayerische, regionale Spezialitäten oder Gerichte von mediterraner Leichtigkeit, auf der großen Sonnenterrasse mit den rot-weiß karierten Tischdecken reicht der Blick über das Isartal bis zur Gebirgskette der Alpen; Ausflügler genießen dort Kaffee und Kuchen. Doch erst eine große und vor allem mutige Entscheidung einer ganzen Familie hat das Landhotel Klostermaier zu dem gemacht, was es heute ist: sichtbarer, gesellschaftlicher Mittelpunkt Ickings.

Karin Schmid führt die Geschäfte im Landhotel Klostermaier. Dass dazu auch ein Gasthaus gehört, ist die Antwort auf die Schließung des Alpenblicks. (Foto: Hartmut Pöstges)

Seit Generationen ist das Gasthaus bereits in Familienbesitz. Die Urgroßeltern der heutigen Besitzerin und Geschäftsführerin Karin Schmid erwarben einst die Gastwirtschaft in der Ortsmitte der Gemeinde Icking. Damals hieß das Wirtshaus allerdings noch "Gasthaus von Hans Klostermaier". Mitte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts benannte es die Familie um in "Gasthof zur Post", weil diese Bezeichnung für Wirtshäuser damals gängig war. Bis 1969 führten Karin Schmids Eltern das Wirtshaus erfolgreich, doch dann starb ihr Vater.

Für schöne wechselnde Dekorationen hat Karin Schmid ein Händchen. Die Theke mit dunkler Holztäfelung präsentiert sich genauso wie die Tische einladend. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Meine Mutter hat zwar den Betrieb noch ein Jahr lang geführt, doch mit drei kleinen Kindern war das eine enorme Aufgabe", erinnert sich Schmid. Die Familie beschloss deshalb, den Gasthof zu verpachten. "Das aber resultierte in 30 Jahren Desaster", sagt Schmid. Der Gastwirtsfamilie habe das in der Seele geschmerzt, weil sie die Misswirtschaft jeden Tag vor Augen hatte: Bis heute wohnt die Familie gleich nebenan.

Nachdem der Ickinger "Gasthof zur Post" verpachtet war, wurde aus der einstigen Dorfwirtschaft unter anderem die erste Diskothek in der Region, die bis heute berühmt-berüchtigte "Blaue Grotte". Doch nach einem Wasserrohrbruch machte sich der damalige Wirt aus dem Staub, "und danach hatten wir keinen einzigen guten Betreiber mehr", bedauert Schmid. Zwar hatte ihre Familie als Besitzer stets weiter investiert, "doch die Pächter wirtschafteten das Haus immer weiter runter", sagt sie. "Als der letzte Pächter schließlich von heute auf morgen ging, standen wir vor einer Entscheidung: Entweder wir machen aus dem Wirtshaus Wohnungen und Geschäfte, oder wir übernehmen es wieder selbst als Familienbetrieb", erklärt die Geschäftsführerin. "Denn was wir auf keinen Fall wollten, ist, dass es bei einem vor sich hin verrottenden Gebäude bleibt. Schließlich ist es ja ein ortsbildprägendes Haus hier", fügt sie an.

Drei Jahre dauerte die Planungsphase, und es waren in der Tat große Entscheidungen, die getroffen werden mussten. Beispielsweise hatte die Wirtschaft früher neun Zimmer und einen großen Saal, denn zur damaligen Zeit waren die Strukturen anders. Weil inzwischen weniger Tanzveranstaltungen und Bälle organisiert werden, aber mehr Menschen auf Geschäfts- oder Durchreise sind, entschlossen sich die Schmids, das Konzept zu ändern - mit radikalem Neuanfang: Abriss des alten Hauses und Neubau des Landhotels. Ein Hotel garni mit zehn Zimmern sollte es erst werden, nach einer Wirtschaftlichkeitsberechnung entschied sich die Familie für ein Hotel mit 32 Zimmern und Café.

Doch mitten in der Bauphase schloss das nahe gelegene Ickinger Gasthaus Alpenblick. "Wir hatten eigentlich geplant, dass unsere Gäste dort zum Essen hätten gehen sollen. Ohne Versorgungsmöglichkeit aber kommt niemand zum Schlafen", weiß Schmid. Folglich standen die Besitzer vor der Aufgabe, die Gastronomie doch wieder aufleben zu lassen und eine vollausgestattete Küche einzurichten.

Die neue Gastwirtschaft, die den Anfängen zu Ehren seit der Eröffnung 2008 wieder den ursprünglichen Familiennamen "Klostermaier" führt, erwies sich als gelungene Mixtur auf der Höhe der Zeit: "Wir haben in Icking ja eine sehr gemischte Bevölkerungsstruktur, und alle fühlen sich bei uns wohl, jeder ist willkommen", freut sich Schmid. Sowohl die Ickinger Stammtischler finden sich dort regelmäßig ein, örtliche Honoratioren feiern dort, Burschen und Feuerwehrler treffen sich, Jung und Alt genießen das Mittagsmenü, wenn zum Selberkochen keine Zeit bleibt, und Tagestouristen nutzen die Nähe zum Isar-Wanderweg und dem Isarradweg. "Die gute Mischung macht's einfach", sagt Schmid.

Und weil sich Qualität eben immer durchsetzt, ist die beste Werbung für das Landhotel Klostermaier inzwischen die Mundpropaganda: "Wer einmal hier war, kommt gerne wieder, und wer geschäftlich hier war, der kommt irgendwann auch mal privat", weiß die Chefin.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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