Icking:Vorbildlicher Nachwuchs

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Mit bewundernswerter Disziplin und Konzentration zeigen das Kinderorchester und die Sinfonietta in der Ickinger Grundschule, was sie schon alles können

Von Reinhard Szyszka, Icking

Publikumsandrang hier wie dort. Am Donnerstag, in der Loisachhalle, waren Musikfreunde von Nah und Fern angereist, um die Neue Philharmonie München mit anspruchsvoller Orchestermusik zu erleben. Tags darauf, in der Aula der Ickinger Grundschule, wiederholte sich das Ganze im wesentlich kleineren Maßstab. Der Auftritt des Kinderorchesters und der Sinfonietta war der Abend der Eltern und sonstigen Anverwandten - und natürlich all derer, die sehen wollten, wie es um den musikalischen Nachwuchs steht. Vorweggeschickt sei: es ist sehr gut bestellt.

Man muss es der Musikwerkstatt Jugend hoch anrechnen, dass sie die Nachwuchsförderung auf allen Ebenen wirklich ernst nimmt. Junge Musiker können hier ihre individuellen Fertigkeiten auf dem Instrument verbessern, aber auch in Kleingruppen Kammermusik betreiben. Und schließlich werden die jungen Künstler schon früh an das Orchesterspiel herangeführt und lernen, was es bedeutet, sich einem Dirigenten unterzuordnen und wie es möglich wird, gemeinschaftlich musikalische Leistungen erbringen. zu können.

Für die Acht- bis Zwölfjährigen gibt es ein Kinderorchester; die 13- bis 17-Jährigen spielen in der Sinfonietta. Beide Orchester verstehen sich nicht als Vorstufen für die nahezu professionelle Neue Philharmonie, sondern als eigenständige Klangkörper. In Icking machte am Freitag das Kinderorchester unter der Leitung von Barbara Hubbert den Anfang. In rot-schwarzer Gewandung kamen die Kinder auf die Bühne. Auch das ist etwas, was angehende Orchesterspieler bei der Musikwerkstatt lernen: einheitliche Kleidung und diszipliniertes Auftreten sind für den ersten Eindruck wichtig.

Das Programm begann mit Vivaldi, und schon der allererste Einsatz saß wie eine Eins. Hubbert verzichtete auf einen Taktstock und dirigierte mit knappen, klaren Zeichen. Der weit überwiegende Teil des Kinderorchesters ist weiblichen Geschlechts; man erinnert sich, dass Vivaldi für ein Mädchenorchester komponiert hat. Nach dem ersten Satz wollten einige übereifrige Zuhörer gleich applaudieren, doch Hubbert legte erschrocken den Finger auf den Mund. Denn jetzt gab es eine kleine Umbaupause, weil der langsame Satz mit einem Concertino von nur fünf Spielerinnen besetzt war. Beim Finale durften dann wieder alle ran. Auch das nachfolgende frühe Mozart-Quartett war am Anfang und am Ende chorisch besetzt. Einzelstimmen bestritten den langsamen Satz. Beide Werke stehen auf der Schwelle zwischen Orchester- und Kammermusik.

Die Kinder waren mit bewundernswerter Disziplin und Konzentration bei der Sache. Den krönenden Abschluss bildete Florian Willeitners "Pippi Langstrumpf"-Musik. Vor Beginn dieses Stücks wurde eine Mitspielerin als Pippi verkleidet; sie durfte einmal ihr Instrument beiseitelegen und vor dem Orchester ihre Kapriolen treiben, wofür sie Sonderapplaus einheimste. Auch die Konzertmeisterin, die kurz vor Schluss die Melodie in einer verjazzten Variation darbot, wurde eigens beklatscht.

Nach der Pause trat dann die Sinfonietta auf, ganz in Schwarz, und man merkte deutlich: das ist die nächste Stufe in der Entwicklung des Orchesterspiels. Die heutigen Mitglieder des Kinderorchesters werden dieses Niveau in wenigen Jahren ebenfalls erreichen, alle Voraussetzungen dafür sind gegeben. Die Sinfonietta begann mit Elgars Streicherserenade im vollen, samtenen Klang; Dirigent Winfried Grabe leitete das Orchester mit runden, schwungvollen Bewegungen. Danach stießen Bläser zu den Streichern hinzu, und es erklang Schuberts fünfte Sinfonie, ein Geniestreich des jungen Komponisten.

Die Sinfonietta fand zu einem feinen, duftigen Schubert-Spiel und war mit sichtlicher Begeisterung bei der Sache. Grabe wählte flotte Tempi, und das war dringend notwendig, denn fast alle Wiederholungen, die in den Noten stehen, wurden auch gespielt. Schumanns Bonmot von den "himmlischen Längen", auf Schuberts letzte Sinfonie gemünzt, übertrug sich so auf das Frühwerk. Und dass sich das Kinderorchester vor der Sinfonietta nicht verstecken muss, zeigte sich bei der gemeinsamen Zugabe: dem "Fiddle-Kids-Rag" von Andrea Holzer-Rhomberg.

© SZ vom 16.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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