Hoffnung für Geburtshilfe:Das erste Tölzer Kindl

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Lebenszeichen für die Geburtshilfe: Anita und Benjamin Bittner freuen sich über die Geburt ihrer Tochter Franziska Maria in der Tölzer Stadtklinik. (Foto: Hartmut Pöstges)

Anita Bittner bringt am 2. Januar die kleine Franziska Maria zur Welt - in der Asklepios-Klinik

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Gerade einmal drei Tage alt ist die kleine Franziska Maria. Mit rosigen Bäckchen liegt sie im Arm ihrer Mama, die Augen aufmerksam geöffnet. Das T-Shirt mit dem Aufdruck "I bin a Tölzer Kindl", das alle Neugeborenen als Geschenk der Klinik bekommen, sei noch ein bisschen groß, sagt Anita Bittner und strahlt.

Der frisch gebackenen Mutter sieht man nicht an, dass sie erst vor ein paar Tagen eine schwere Geburt hinter sich gebracht hat: Zehn Stunden lang Wehen, dann doch ein Kaiserschnitt. "Am Anfang war alles super", erzählt sie locker, "aber dann ging es nicht voran." Die Nabelschnur hatte sich um den Hals des Babys gelegt, Gynäkologe Stephan Krone und Hebamme Kristina Hasenknopf entschlossen sich zum Kaiserschnitt. Eine lange Geburt, aber der erste Schrei ihrer kleinen Tochter - unvergesslich sei das gewesen, sagt die 35-Jährige.

Ihr Mann Benjamin war bei der Geburt dabei, auch beim Kaiserschnitt. "Ich wäre viel aufgeregter gewesen, wenn ich in einem Nebenzimmer hätte warten müssen", sagt er und streichelt seiner kleinen Tochter über den hellen Haarflaum. Die Bittners wohnen in Tölz, beide sind Lehrer am Geretsrieder Gymnasium. Dass ihr erstes Kind eine echte Tölzerin geworden ist, sei gar nicht klar gewesen. Denn im Dezember hatte es ganz danach ausgesehen, als würde die kleine Franziska ein Starnberger Kindl, weil die Asklepios-Klinik nicht garantieren konnte, dass dort auch nach dem 31. Dezember noch Geburten möglich sein würden. "Alles war ganz vage", erinnert sich Anita Bittner.

Nun ist Franziska Maria, geboren am 2. Januar um 13.05 Uhr, 53 Zentimeter groß und 3030 Gramm schwer, das erste Baby der Asklepios-Klinik in diesem Jahr. Bis Donnerstag sind noch sieben Neugeborene dazu gekommen. Die Kleine gähnt und ist vollkommen unbeeindruckt vom Besuch, der sich da um ihr Bettchen schart: Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart ist zum Gratulieren gekommen, auch Klinik-Verwaltungsleiterin Helene Juchno hat einen Blumenstrauß mitgebracht. "Diese Geburt ist ein schönes Hoffnungszeichen", sagt Botzenhart.

Denn seit längerem zeichnet sich ab, dass das Belegarztsystem der Geburtshilfeabteilung nicht aufrechterhalten werden kann und auch Gynäkologen in Festanstellung kaum zu finden sind. Im November hatte Geschäftsführer Joachim Ramming angekündigt, die Station schließen zu müssen. Nach massiven öffentlichen Protesten brachte ein Spitzengespräch kurz vor Weihnachten einen Hoffnungsschimmer: Landrat Josef Niedermaier kündigte an, den Kreistag in einer der kommenden Sitzungen über einen Zuschuss für die Geburtshilfestation abstimmen zu lassen, um deren Fortbestand vorerst zu sichern. Belegarzt Krone, dessen Vertrag zum Jahresende ausgelaufen wäre, stimmte einer Verlängerung für einige Monate zu. Die Bittners erfuhren das von ihrer Nachsorgehebamme. Da hatten sie sich schon bei der Starnberger Klinik angemeldet, "unserem Plan B", wie Benjamin Bittner sagt.

Dass es anders gekommen ist, darüber seien sie "total froh" gewesen. "Als es losging, sind wir ins Auto und waren in ein paar Minuten in der Klinik", sagt er. Bis nach Starnberg fahren, womöglich bei Schneesturm - "da wäre das nicht mehr so entspannt gewesen". Auch der Betreuungsschlüssel sei in Starnberg nicht so hoch: Auf drei Schwangere komme dort eine Hebamme, in Tölz gebe es in den allermeisten Fällen eine eins zu eins Betreuung. "Wir haben uns hier gut aufgehoben gefühlt", betont auch seine Frau.

Ob und wie es mit der Geburtsabteilung nun weitergeht, steht noch nicht fest. "Aber wir haben jetzt eine andere Basis, weil wir wissen, dass die Unterstützung der Politik für einen langfristigen Erhalt da ist", sagt Klinik-Pressesprecher Christopher Horn. Ziel sei es, eine Hauptabteilung mit fest angestellten Gynäkologen aufzubauen und mit einer anderen Klinik in der Region, also Wolfratshausen, Agatharied oder Starnberg, zu kooperieren. Die Verhandlungen liefen, auch nach Personal werde weiterhin fieberhaft gesucht. Aber Konkretes könne er noch nicht sagen. "Erst müsste der Kreistag einem Zuschuss zustimmen, dann können wir einen Kooperationsvertrag machen".

Die Bittners hoffen, dass die Bemühungen erfolgreich sind. Für den Fall, dass noch ein Geschwisterchen für Franziska kommt.

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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