Historie:Helfer der Verfolgten

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Die Jüdin Else Rosenfeld beschreibt in ihren Tagebuchaufzeichnungen, wie Ickings Bürgermeister Johann Pischeltsrieder und sein Bruder Josef sie während der Verfolgung durch das Nazi-Regime unterstützten. Auch andere Quellen besagen, dass Pischeltsrieder in seiner Gemeinde Juden vor Verfolgung schützte. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ickinger Straßennamen: Der Johann-Pischeltsrieder-Weg

Von Claudia Koestler, Icking

Neben dem Wenzberg hat der Ickinger Arbeitskreis bereits sechs weitere Straßen unter die Lupe genommen und dabei so manch relevante Erkenntnis gewonnen. Die SZ stellt die Untersuchungsergebnisse zu den einzelnen Straßennamen in loser Reihenfolge vor.

Der Johann-Pischeltsrieder-Weg trägt seinen Namen nach jenem Bürgermeister, der von 1923 bis 1945 und von 1948 bis 1957 ehrenamtlicher Bürgermeister von Icking war und zum Ende seiner Amtszeit hin Ehrenbürger der Gemeinde wurde. Pischeltsrieder, der von 1887 bis 1958 lebte, war Weltkriegsteilnehmer und arbeitete im elterlichen bäuerlichen Anwesen.

Auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 blieb er im Bürgermeisteramt. Der Eintritt in die NSDAP war dafür Voraussetzung. Zugleich war er Amtsleiter der "N.S.-Volkswohlfahrt", und zwar von 1933 bis 1945. Jeweils ohne Amt gehörte er dem "Kriegerbund", der "Deutschen Jägerschaft", dem "Luftschutzbund" und dem "Volksbund für das Deutschtum im Ausland" an.

Die Spruchkammer stufte Pischeltsrieder 1946 im Berufungsverfahren als Mitläufer ein: Pischeltsrieder sei "ein grundanständiger Charakter", der unter anderem wegen seiner Treue zur Kirche dem stärksten Misstrauen der Partei ausgesetzt gewesen sei. Und: Er habe im Amt alles getan, "den verderblichen Parteitendenzen und Befehlen entgegen zu treten und nachhaltigst einen Kampf gegen die Partei" zu führen, zum Nutzen seiner Gemeinde, erklärten die beiden Pöckinger Historiker Marita Krauss und Erich Kasberger.

Im Zuge ihrer Nachforschungen kamen die beiden zusammen mit dem Ickinger Arbeitskreis auf folgende Wertung: "Die verschiedenen Spruchkammerverfahren stellen zwar Pischeltsrieders formelle Zugehörigkeit fest, würdigen aber den besonderen Schutz verfolgter Juden. Dies war mit einem hohen Risiko für seine eigene Person verbunden, das er durch äußerliche Anpassung zu mindern suchte. Sein Verhalten während der NS-Zeit war daher in keiner Weise nationalsozialistisch, er nutzte seine Handlungsspielräume zum Schutz der Verfolgten."

Der Arbeitskreis sprach sich deshalb für die Beibehaltung des Straßennamens "Johann-Pischeltsrieder-Weg" aus, und zwar ohne Gegenstimmen.

© SZ vom 20.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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