Gesellschaft unterm Apfelbaum:Furios zu Ende gebracht

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Friederike Sipp und Adrian Spielbauer setzen die Komödie frivol und durchaus nicht diskret in Szene. (Foto: Hartmut Pöstges)

Friederike Sipp und Adrian Spielbauer müssen mit ihrer Komödie "Sommernacht" von der Bühne ins Zelt umziehen. Der Stimmung tut das keinen Abbruch.

Von Wolfgang Schäl, Icking

Es war ein Stück voller Überraschungen, in jeglicher Beziehung. "Eine Sommernacht" ist die Komödie des schottischen Autoren David Greig überschrieben, mit dem die "Gesellschaft unterm Apfelbaum" am Samstag im Rahmen ihres diesjährigen Theatersommers aufwartete, und die äußeren Bedingungen entsprachen dem Titel ideal. Zunächst jedenfalls. Ein gleißender Vollmond illuminierte das im Freien aufgeführte Stück, bis - im Wortsinn aus heiterem Himmel - ein kräftiger Regenguss der Aufführung ein jähes Ende bereitete, oder besser: eine Unterbrechung notwendig machte.

Denn so schnell ließen sich die beiden Protagonisten auf der Bühne, Adrian Spielbauer und Friederike Sipp, von den Launen des Wetters nicht unterkriegen, und auch das Publikum blieb den Akteuren vollständig und bestens gelaunt erhalten, bis der Umzug ins Theaterzelt bewältigt war. Pudelnass und furios brachten beide das Stück anschließend zu Ende, und die ebenso durchgeweichten Gäste belohnten ihren Auftritt mit stehenden Ovationen - für Stühle wäre in dem engen Zelt freilich auch gar nicht genügend Platz gewesen.

Friederike Sipp und Adrian Spielbauer, Sohn von Peter Spielbauer, der am Abend zuvor an gleicher Stelle aufgetreten war, erwiesen sich schon bald als ideale Besetzung für die mitreißende Boulevardkomödie: Textsicher und gestenreich mit viel Sinn für Situationskomik, teils derb, teils ironisch-hintersinnig setzten sie unter der Regie von Ercan Karacay die heitere Handlung um.

Die erfolgreiche, 35-jährige Scheidungsanwältin Helen wird da in einer Bar in Edinburgh von ihrem verheirateten Liebhaber versetzt und lässt sich frustriert auf einen One-Night-Stand mit dem windigen, gleichaltrigen Bob ein, der sich als Kleinkrimineller und Straßenmusiker durchschlägt und auf dubiose Weise, durch einen Autoverkauf, zu einem größeren Geldbetrag gekommen ist. In einer ramponierten Supermarkttüte stecken 15 000 Pfund, und die gilt es, in der rauschenden Liebesnacht auf den Schädel zu hauen.

Infolge des amourösen Abenteuers, das Sipp und Spielbauer amüsant frivol und durchaus nicht diskret in Szene setzen, kommt es zu allerlei Verwicklungen und sich überschlagenden Ereignissen, die teilweise auch etwas unübersichtlich werden. Aber egal, dem Autoren ist alles recht, was unterhaltsam ist. Da geht es um ein verkotztes Brautjungfernkleid, um eine Traumgitarre, die sich Bob aus dem Verkaufserlös für ein rosa Auto leisten will, und um einen Bondage-Club, in dem sich die Beiden, Rücken an Rücken gefesselt, wiederfinden.

Es ist eine ungleiche Liaison, die eigentlich nur schiefgehen kann, am Ende aber, natürlich nicht unerwartet, glücklich endet. Denn allzu oft haben die Beiden sich geschworen, dass die kuriose Verbindung nach der einen leichtsinnigen, durchzechten Liebesnacht enden würde. Dieses Schiff werde "niemals in den Sonnenuntergang segeln", widerspricht Helene ihrer eigenen Gefühlslage.

Um so viel Handlung in weniger als anderthalb Stunden zu zweit umsetzen zu können, bedarf es einer geschickten Dramaturgie: Die beiden Akteure treten als Erzähler der verschlungenen Handlung auf, die sie dann jeweils sogleich situativ bildreich umsetzen. Bei der Gelegenheit erweist sich, dass die Beiden auch gesanglich eine Menge zu bieten haben.

Besondere Requisiten sind für die schnell wechselnden Szenerien nicht nötig, denn Spielbauer und Sipp können die Bühne mühelos ohne Hilfsmittel füllen: eine Art Bahnhofsuhr, mit der sich der chronologische Ablauf der Ereignisse darstellen lässt, zwei hochbeinige Hocker, ein paar Klamotten für Helene, ein Hut, viel mehr ist nicht nötig, um Spaß zu erzeugen. Bemerkenswert ist, dass der Text bei allem Klamauk kaum je ins Triviale abrutscht, einige Passagen lassen übers derb Komödiantische hinaus sogar aufhorchen. "35 ist ein beschissenes Alter", sagt Bob in einem seiner Monologe, "man kann nichts mehr werden, was man nicht schon ist", und: "Es gibt immer einen Atemzug, der vor dem letzten kommt."

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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