Geretsrieder informieren sich im Rathaus:Empörung und Ermutigung

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So könnte sich die Innenstadt entwickeln, wenn alle ihr Baurecht ausschöpften: vorn links das Rathaus, schräg gegenüber der Krämmel-Bau. (Foto: Hartmut Pöstges)

Beim "Faktencheck" zum Karl-Lederer-Platz zeigt sich: Die Meinungen stehen auf beiden Seiten fest

Von Felicitas Amler, Geretsried

Ja, es gibt sie, die Geretsrieder, denen die Idee eines dicht und hoch bebauten, urbanen Stadtzentrums am Karl-Lederer-Platz gefällt. So gut, dass sie Politiker und Planer explizit auffordern dranzubleiben. Das hat sich - bei aller Kritik, die auch dort wieder sehr laut wurde - am Samstag beim "Faktencheck" im Rathaus gezeigt. Die Stadt hatte diesen Termin um drei Wochen vorgezogen, um die gleichzeitig auf dem Karl-Lederer-Platz demonstrierenden Menschen gezielt anzusprechen.

Weit über die dafür angesetzten zwei Stunden hinaus drängten sich Interessenten in dichten Trauben um die beiden Modelle, die in der Mitte des Sitzungssaals aufgebaut waren. Das eine zeigt den Verlauf der Tiefgarage, die in der sogenannten T-Zone vom Rathaus bis in die Egerlandstraße hinein gebaut werden soll.

Architekt Klaus Kehrbaum, Planer sowohl der Krämmel-Familien-GbR am Karl-Lederer-Platz als auch der Baugenossenschaft (BG) Geretsried in der Egerlandstraße, erklärte dort unermüdlich, was es mit verketteten unterirdischen Parkplätzen und grünen Dächern, mit Dükern zur Absicherung gegen Grundwasserprobleme, mit dem Forschungsprojekt des Fraunhoferinstituts über "versickerungsfähige Flächen" und mit der Verkehrsführung auf sich hat.

Das andere Modell zeigt die Geretsrieder Innenstadt verkleinert und in Holz. Es steht auch sonst immer inmitten des Ratssaals; für den "Faktencheck" aber hatte die Stadt es so aufbauen lassen, dass es die künftig maximal möglichen Bauten vors Auge führte. Zu sehen war daher nicht nur, wie der umstrittene siebengeschossige Krämmel-Bau aussehen wird, sondern auch, wie in der Umgebung alles in die Höhe streben könnte, wenn die Eigentümer ihr Baurecht ausnutzten. Das allerdings nahmen etliche der Kritiker zum Anlass für neuerliche Empörung, da sie fanden, es werde damit die Wirkung des Krämmel-Baus verschleiert. "Betrug!", riefen einige, andere verließen das Rathaus mit der wiederholten Bemerkung, die Bürger würden "verarscht".

Investor Reinhold Krämmel versuchte, mit diesen harschen Vorwürfen irgendwie umzugehen. Er unterhielt sich eine ganze Weile auch mit Eva Eberhardt, der Sprecherin der protestierenden Anwohner am Karl-Lederer-Platz. Vergeblich. Die Wut der Kritiker war nicht zu mildern.

Krämmel sagte, er habe auch viele "konstruktiv-kritische Gespräche" geführt. So habe Emmerich Wurst, Sprecher der Interessengemeinschaft der Grundwassergeschädigten Geretsried (IGGG), seine Bedenken eingebracht: "Sachlich, so dass man sich damit befassen kann." Eine andere Teilnehmerin habe den Gedanken ins Spiel gebracht, der Karl-Lederer-Platz müsse komplett unter Denkmalschutz gestellt werden. "Und es gab auch einige, die mich ermutigt haben."

Zu diesen Befürwortern gehört Gerhard Swoboda. Der 74-Jährige lebt seit 1946 in Geretsried und sagt, er habe doch miterlebt, wie die Stadt sich entwickelt habe: "Man hat ohne System und Plan Häuser reingestellt. Man hatte keinen Plan, wohin mit dem Sport, mit der Kultur, mit dem Wohnen." Jetzt habe man die Chance, es besser zu machen. Wer im Zentrum wohne, müsse mit Wachstum rechnen. Zu Bürgermeister Michael Müller (CSU) sagte Swoboda mit allen Nachdruck: "Zieht's es ja durch!"

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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