Auszeichnung:Solist mit starkem Gemeinschaftssinn

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Preisträger Werner Sebb (2.von rechts) mit Ehefrau Ursula, Kulturreferent Hans Ketelhut (links) und Bürgermeister Michael Müller. Der Preis, den er in den Händen hält, ist eine Skulptur von Ernst Grünwald. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Stadt Geretsried feiert ihren neuen Kulturpreisträger

Von Felicitas Amler, Geretsried

Zwischen Rossini und Verdi muss sich Werner Sebb ziemlich gut aufgehoben gefühlt haben: Als der 78-jährige Geretsrieder Chemie-Ingenieur und ausgebildete Opernsänger am Freitag in den Ratsstuben den Kulturpreis seiner Heimatstadt erhielt, spielte auf seinen Wunsch eine junge Blechbläser-Combo. Und deren Spektrum reichte von "Va pensiero" aus Nabucco bis zur Ouvertüre zum Barbier von Sevilla. Das Publikum spendete starken und anhaltenden Applaus nicht nur für das Aurea Brass Quintett, sondern vor allem für den Preisträger. Der dankte am Ende der Stadt für die Auszeichnung und seinem "Schöpfer oder, wenn Sie so wollen, dem Schicksal" dafür, dass er 1946 als sechsjähriger Junge zusammen mit Mutter und Großeltern mit dem Heimatvertriebenen-Transport aus Graslitz ausgerechnet in Geretsried angekommen war: Das habe sich für ihn als "wahrer Glücksfall" erwiesen.

Welches Glück die Stadt wiederum mit diesem "Geretsrieder der ersten Stunde" hatte, schilderte zunächst Bürgermeister Michael Müller (CSU). Er nannte es "eine ganz klasse Sache", was Sebb kulturell alles für Geretsried geleistet habe. Was das konkret war, zählte Friedrich Schumacher auf, mit dem Sebb gemeinsam im Arbeitskreis Historisches Geretsried engagiert ist. Diese Gruppe Ehrenamtlicher erforscht seit 2003 die Geschichte ihrer auf den Bunkern zweier NS-Rüstungsbetriebe auf- und ausgebauten Stadt - und Sebb war unter der Handvoll Gründungsmitglieder. Er ist außerdem seit 54 Jahren Mitglied der Chorvereinigung, die er seit 1978 leitet, trat ungezählte Male als Opern- und Liedsolist bei festlichen Anlässen wie der Stadterhebung auf, sorgte für musikalische Umrahmungen, so bei der Unterzeichnung der Städtepartnerschaft Geretsried-Chamalières, gründete die Interessengemeinschaft Kulturförderung Geretsried, die an die siebzig hochkarätige klassische Konzerte im Abonnement anbot - was die Geretsrieder damals freilich noch nicht recht zu schätzen wussten, so dass nach neun Jahren Schluss war.

Schumacher zitierte den früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der Kultur nicht als Geschichte von Ideen, sondern von einmaligen Menschen beschrieben hatte. Weizsäcker müsse dabei Menschen wie Sebb vor Augen gehabt haben, sagte er. Denn Sebb habe Impulse gesetzt und Ideen Wirklichkeit werden lassen. Drei Grundlinien hätten das Leben des Preisträgers bestimmt, so Schumacher: Mitmenschen Freude zu bereiten, Gemeinschaft zu fördern und Traditionen zu pflegen.

Mit einem Augenzwinkern erinnerte er daran, dass Sebb 2005 an der Institution eines Geretsrieder Kulturpreises beteiligt war: "Alle Achtung: schon damals hast du langfristig gedacht und strategisch gehandelt."

© SZ vom 05.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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