Geretsried:Nicht die Mitte, aber das Zentrum

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Die Egerlandstraße (im Bild unten) gehört mit zum Bebauungsplan Karl-Lederer-Platz. Zusammen wird das Gebiet als "T-Zone" oder "T-Achse" bezeichnet. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Stadt Geretsried will den Karl-Lederer-Platz zwischen Rathaus und Egerlandstraße entwickeln. Anwohner und Interessenten haben dazu in einer Bürgerwerkstatt das Wort

Von Felicitas Amler, Geretsried

Der Karl-Lederer-Platz soll das Zentrum der Stadt Geretsried zum Leben, Arbeiten, Ausgehen und Einkaufen werden: urban, mit neuen, auch höheren Gebäuden, Geschäften, Lokalen und Wohnungen; attraktiv genug, damit man sich gern dort aufhält, aber auch mit ausreichend Parkplätzen, vermutlich auf zwei unterirdischen Etagen. Diesen Plan verfolgt die Stadt jetzt mit verstärktem Elan. In einer Pressekonferenz skizzierten Bürgermeister Michael Müller (CSU), Wirtschaftsförderin Annette Hilpert, Bauamtsleiter Jochen Sternkopf und sein Mitarbeiter Andreas Porer am Dienstag ihre Vorstellungen. Bevor es aber in aller Form an einen neuen Bebauungsplan Karl-Lederer-Platz geht, sollen Anwohner und Eigentümer in einer Bürgerwerkstatt Ideen entwickeln.

Geretsried hatte sich in den Jahren vor Müllers Amtsantritt ganz stark auf die Entwicklung der Böhmwiese - auf Höhe des Rathauses, aber jenseits der Bundesstraße 11 - konzentriert. Im Hinblick auf den erhofften Ausbau der S-Bahnlinie 7 bis Geretsried mit einem Bahnhof an der Böhmwiese war ein Masterplan für teures Wohnen und ein großes Einkaufsgebiet erstellt worden. Davon, so sagte Müller auf Nachfrage, wolle er nicht abkehren, aber er wolle doch die Schwerpunkte anders setzen. "In den nächsten zehn Jahren wird die S-Bahn nicht fahren", erklärte er. Für ihn sei daher die Böhmwiese eher "der fünfte Schritt". Der erste: der Karl-Lederer-Platz samt dem verkehrsberuhigten Teil der angrenzenden Egerlandstraße (zusammen als "T-Zone" bezeichnet). Dort müsse "der Identifikations- und Kristallisationspunkt" der Stadt entstehen, meint der Bürgermeister. Als nächstes gelte es, "Nebenzentren mit Nahversorgungsfunktion" zu entwickeln - im Stadtteil Stein und im Bereich Sudetenstraße/Neuer Platz.

Dass der Karl-Lederer-Platz topografisch ganz und gar nicht das Zentrum der in Nord-Süd-Richtung lang gezogenen Stadt Geretsried ist, hält Müller nicht für ein Problem. In anderen Städten seien oft die Altstädte die Zentren, die aber keineswegs in der Mitte lägen.

Im neuen Bebauungsplan soll der Karl-Lederer-Platz nicht als Misch-, sondern als Kerngebiet definiert werden. Das bedeute, so Bauamtsleiter Sternkopf, dass grundsätzlich fast alle Nutzungen zulässig seien und konkret Unerwünschtes (er nannte als Beispiel einen Sex-Shop) ausgeschlossen werde. Wichtig sei, dass im Kerngebiet Wohnen bei höheren Lärmemissionen möglich sei. Müller sagte: "Wir wollen kein Zentrum haben, das um 18 Uhr ausstirbt", so wie in der Münchner Fußgängerzone.

Dem Einzelhandel soll deutlich mehr Raum gegeben werden. Derzeit gebe es in der "T-Zone" etwa 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche; vorstellbar seien durchaus bis zu 9000, so der Bürgermeister. Die Wirtschaftsförderin nannte es wichtig, dass die einzelnen Flächen größer werden: 1200 bis 1500 Quadratmeter, so Hilpert, seien wünschenswert. Es gebe neue Interessenten, und auch unter den ansässigen Einzelhändlern seien solche mit "Expansionsbestrebungen". Hilpert sagte, die Planungen für die Böhmwiese seien in der Vergangenheit eher ein Hemmnis für die Entwicklung auf dem Karl-Lederer-Platz gewesen.

Entscheidend für die Entfaltung des Platzes werde das Verkehrskonzept sein, sagte Müller. Zwischen Aufenthaltsqualität und Parkplätzen müsse abgewogen werden. Es sei eine Utopie zu glauben, Parkplätze auf der Böhmwiese wären hilfreich. Sternkopf bekräftigte dies entschieden: "Die Parkplätze müssen am Karl-Lederer-Platz gelöst werden." Im Bauamt und an der Stadtspitze besteht Einigkeit darüber, dass dies nur mit einer "Gesamtlösung Tiefgarage" möglich ist - also einer sowohl öffentlich als auch privat genutzten unterirdischen Parkgarage mit zwei Ebenen. Über die Zu- und Abfahrt gibt es bereits Überlegungen, die aber keineswegs spruchreif seien.

Bürgerwerkstatt , Donnerstag, 18. Juni, 19 Uhr, Saal der Ratsstuben. Programm: Impulsreferat Architekt Klaus Kehrbaum (Städtebau), Vortrag Stefan Leuninger, Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (Einzelhandelsstärkung), Bürgermeister Michael Müller (Ausblick); Arbeitsgruppen für die Bürger: Einzelhandel, Städtebau, Verkehr, Öffentlicher Raum-Kultur-Aufenthaltsqualität.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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