Geretsried:Neun Kommunen für ein Schwimmbad

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Das alte Bad in Geretsried ist in die Jahre gekommen. (Foto: Hartmut Pöstges)

So beliebt Schwimmbäder bei den Bürgern auch sind, sie bleiben defizitär. Daher wollen einige Gemeinden in Geretsried nun eines gemeinsam bauen. In Bayern wäre das neu.

Von Kassian Stroh, München

So unauffällig kann eine Revolution daherkommen: Neun Kommunen tun sich zusammen, damit in Geretsried ein neues gemeinsames Schwimmbad entsteht. Es klingt banal, ist aber ein absolutes Novum. Wenn es denn so kommt, wie nun grundsätzlich vereinbart, wäre das neue Hallenbad das erste interkommunale in ganz Bayern. Gebaut und betrieben von der Stadt Geretsried, mit Zuschüssen des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen sowie acht weiterer Gemeinden in seinem Nordteil - für die Investition wie für das laufende Defizit. "Das war ein harter Kampf", sagt Josef Niedermaier, der Landrat.

Ein harter Kampf? Stets preisen Politiker und Experten die Zusammenarbeit von Kommunen als Mittel gegen ihre finanziellen Nöte. Und sie tun sich ja auch zusammen, um Schulen zu bauen oder eine Abwasserentsorgung. Aber für Schwimmbäder? Die sind zwar, von wenigen kommerziellen Wellness-Tempeln abgesehen, chronisch defizitär.

Aber sie werden eben auch von den Bürgern vehement eingefordert - und zwar vor der Haustür, nicht im Nachbarort. Lange Zeit sei das Hallenbad Ausdruck des Selbstbewusstseins einer stolzen Gemeinde gewesen, sagt Niedermaier. "Es hat aber stolze Kosten." Für ihn besteht kein Zweifel daran: Die Zeiten sind vorbei, in denen sich jeder Ort ein eigenes leisten konnte.

Die grundsätzliche Vereinbarung steht

In Geretsried und Dietramszell sind die Bäder in die Jahre gekommen und marode, ein Neubau alleine wäre von den Gemeinden kaum bis gar nicht zu stemmen. Doch als Niedermaier vor drei Jahren die Idee eines gemeinsamen Bades im Nord-Landkreis lancierte, waren binnen Tagen ziemlich viele ziemlich vehement dagegen. Es folgte ein "langer Diskussionsprozess", so umschreibt es Cornelia Irmer, die scheidende Bürgermeisterin von Geretsried. Ihr Hauptargument ist: Nicht nur Feierabendschwimmer und Wasserwachtler brauchen ein Bad fürs Training, sondern vor allem die Schulen. Schwimmunterricht ist, auch wenn das vielerorts ignoriert wird, Teil des Lehrplans. Das geplante Bad wird viele Schulklassen aus den beteiligten Kommunen aufnehmen können.

Deshalb will auch der Freistaat 4,2 Millionen Euro zuschießen - bei Gesamtkosten von gut 13 Millionen. Womöglich hat dieser Zuschuss ja das Umdenken mitbefördert. Noch wird um die Details der Finanzierung gefeilscht, die Sache ist kommunal- wie steuerrechtlich diffizil. Aber die grundsätzliche Vereinbarung steht.

"Mir war dieses Projekt so wichtig, um ein Zeichen zu setzen: Interkommunale Zusammenarbeit ist der Weg in die Zukunft", sagt Irmer. "Für Kommunen wird es zunehmend schwieriger, alles alleine zu schultern." Und auch Niedermaier glaubt, dass sich ohne mehr Zusammenarbeit die Kleinteiligkeit der bayerischen Kommunallandschaft bald überlebt haben dürfte. Er denkt da nicht nur an Bäder, sondern auch an Kulturzentren, Mehrzweckhallen oder Eisstadien, an gemeinsame Bauämter oder Personalverwaltungen der Rathäuser. Alles heilige Kühe der Kommunalpolitik. Diese zu schlachten, wird nicht einfach. Niedermaier sagt: "Da ist das Kirchturmdenken noch verdammt groß."

© SZ vom 22.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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