Geretsried:Kandidaten punkten mit konkreten Ideen

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Den Fragen ihrer Altersgenossen stellten sich die Kandidaten für den Jugendrat. (Foto: Hartmut Pöstges)

Vor der Wahl des Jugendrats herrscht großer Andrang bei einem "Meet and Greet" der SZ und des Trägervereins Jugendarbeit.

Von Claudia Koestler, Geretsried

Yannick Mayr interessiert sich für Politik, doch in eine Partei eintreten, das will der 14-jährige Schüler auf keinen Fall. "Ich habe noch keine Ahnung, ob ich mich mit meinen Ansichten so binden kann", sagt er. Angesichts der Meinungen in den etablierten Parteien sei es schwer, sich als Jugendlicher mit seinen ganz eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu identifizieren. Ein parteiloses Gremium wäre deshalb genau das Richtige. Hier zeigt sich die Stadt Geretsried als Vorreiter: Als erste Kommune im Landkreis wird dort ein Jugendrat gewählt. Alle jungen Geretsrieder zwischen zwölf und 18 Jahren haben noch bis zum 29. April die Chance auf Mitbestimmung, wenn sie per Briefwahl oder im Rathaus ihre Stimme abgeben. 1763 junge Geretsrieder wie Mayr sind wahlberechtigt und wurden angeschrieben, 20 Kandidaten stehen zur Wahl. "Damit aus den Gesichtern von den Plakaten Menschen werden", wie Heidi Dodenhöft sagte, veranstaltete die SZ am Dienstag zusammen mit dem Trägerverein Jugendarbeit Geretsried ein "Meet and Greet", in dessen Rahmen sich die Kandidaten vorstellten und Fragen beantworteten.

Den Fragen ihrer Altersgenossen stellten sich die Kandidaten für den Jugendrat. (Foto: Hartmut Pöstges)

Etwa 20 Jugendliche waren dazu zunächst in den Jugendtreff Einstein gekommen. Rudi Mühlhans, Vorsitzender des Trägervereins, zollte den Kandidaten höchsten Respekt: "Es ist immer eine mutige Entscheidung, sich zur Wahl zu stellen." Seit 1982 sorgt der Trägerverein Jugendarbeit in Geretsried dafür, dass es ein bedarfsgerechtes Angebot für Jugendliche am Ort gibt. Mühlhans nutzte am Dienstag die Gelegenheit, den Verein, seine Mitarbeiter und sein Aufgabenspektrum sowie das Haus vorzustellen. Nach rund einer Stunde wechselten die Beteiligten in den Geretsrieder Saftladen, wo mehr als 40 interessierte Jugendliche und erwachsene Begleiter auf 16 der insgesamt 20 Kandidaten trafen, die sich um die zehn Plätze im Jugendrat bewerben. "Überwältigend" fand Moderatorin Thekla Kraußeneck das rege Interesse und den großen Andrang, der deutlich machte, wie sehr ein solches Jugendparlament gewollt ist.

Moderiert wurde das "Meet and Greet" von Heidi Dodenhöft und Thekla Kraußeneck (v.li.). (Foto: Hartmut Pöstges)

Die unterschiedlichen Motive der Kandidaten schälten sich gleich zu Beginn in der Vorstellungsrunde heraus. Manche wurden über ihre Lehrer oder Mitschüler motiviert, andere finden die Einrichtung eines Jugendrates grundsätzlich wichtig. Nicola Heucke (zwölf Jahre) treibt ein fast schon humanistisch anmutender Gedanke an: Sie will "Jugendlichen helfen, etwas Schönes aus Geretsried zu machen und Chancen zu nutzen". Felix Leipold (16) war bereits einmal im Jugendbeirat aktiv. Jetzt bewirbt er sich für den Jugendrat, "weil es viele Dinge gibt, die der Beirat zwar angestoßen hat, aber die nicht fertiggestellt wurden, weil wir nicht mehr im Amt waren". Und Christian Kovalev (15) brachte seine Kandidatur so auf den Punkt: "Warum nicht?" Allen gemeinsam: Für die Kandidaten ist eine spannende Zeit angebrochen. "Es ist ein Gefühlschaos, man sieht den vollen Briefkasten am Rathaus und fragt sich, ob und wie viele Stimmen für einen selbst darunter sind", gestand Leipold. Sein Fazit: "Das muss man erlebt haben."

Trägerverein Jugendarbeit präsentiert die Jugendratskandidaten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Eine der großen Stärken der Jugendlichen: Ungezähmte und echte Meinungen, direkt und unverblümt, teils entwaffnend ehrlich. "Erst wollte ich nicht, weil ich dachte, das ist zu viel Verantwortung", aber nach einem Gespräch mit den Eltern sei er zu einer anderen Meinung gelangt, gab etwa einer der Kandidaten zu. In der Fragerunde punkteten die Jugendlichen zudem mit ihren konkreten Ideen zur Verbesserung ihrer Belange. Mehr und bessere sanitäre Anlagen etwa fehlten in den Schulen, auch mehr Farbe könnten die Schulgebäude gebrauchen, sagte etwa Dennis Bock (zwölf Jahre). Was in Geretsried zudem grundsätzlich fehle: Freizeitangebote für die Zwölf- bis 15-Jährigen. Denn gerade diese Altersgruppe wage sich eher selten in die Jugendhäuser.

Das führte auch zu der Frage, wie man der Zielgruppe bestehende Angebote bekannt machen könnte, zumal gerade die Jüngeren nicht in den sozialen Medien aktiv seien. Schaukästen oder Wandplakate waren einige Lösungsvorschläge aus den Reihen der Kandidaten, ebenso wie eine regelmäßige postalische Veranstaltungsübersicht an die Eltern. Bei der Frage nach einem Open-Air-Kino oder einem Open-Air-Festival hatten die Jugendlichen eine klare Meinung: Gerade weil das Geretsrieder Kino geschlossen sei, fehle dieses Unterhaltungsangebot für die Jüngeren, auch wenn ein Festival ebenfalls gerne gesehen wäre. Weitere Ideen der Jugendlichen: Aufenthaltsplätze säubern, Radwege beleuchten und Mitschüler nach ihren Bedürfnissen fragen. Überhaupt hatten viele bereits konkrete Ideen, wie der Rat die Jugendlichen beteiligen kann und eine Pseudo-Partizipation vermeidet: Bock etwa hatte die Idee, einmal im Monat durch die Klassen zu gehen und zu fragen, wo der Schuh drückt. Leipold will die Webseite der Stadt nutzen und Mark Bittner eine Online-Befragung einrichten. "Es wird viele Wege geben, aber es kommt auf jeden Fall an", stellte Leipold fest. Zuletzt hatte Heidi Dodenhöft einen Wunsch: "Denkt bei der Wahl Eurer Vertreter an die Mischung , sowohl beim Alter als auch beim Geschlecht, damit jeder vertreten ist." Am 30. April wird das Ergebnis der Wahl im Geretsrieder Rathaus verkündet.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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