Geretsried:"Geschichte in Stein geschrieben"

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Die Geschichte des Stadtteils ist auf einem Obelisken am Steiner Ring kurz zusammengefasst. (Foto: fam)

Geretsried entwickelt mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung seinen südlichsten Stadtteil kulturell und sozial.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Es gibt ein gut eingeführtes Jugendzentrum, das "Ein-Stein", aber "für ältere Menschen fehlt etwas in Stein". Das ist nicht nur die Meinung von Bürgermeister Michael Müller (CSU) über den südlichsten Stadtteil Geretsrieds, sondern auch eines der Zwischenergebnisse in dem Prozess, der dort gerade läuft: Geretsried-Stein ist im Programm "Actors of Urban Change" der Robert-Bosch-Stiftung. Programmleiter Martin Schwegmann aus Berlin nahm am Dienstag an einer Pressekonferenz teil, welche die Stadt, die Baugenossenschaft (BG) und der Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit Geretsried gaben. Diese drei arbeiten für das Projekt zusammen, das nach Schwegmanns Worten "nachhaltige Stadtentwicklung durch Kultur" zum Ziel hat. Der Begriff "Kultur" ist dabei durchaus weit gefasst.

Die Geretsrieder "Actors" haben als großes Ziel ein Bürgerhaus im 2400-Einwohner-Stadtteil Stein vor Augen, dessen Ausgestaltung sie aber erst im Gespräch mit Bürgern festlegen wollen - "ein spannendes Projekt", wie der Berliner Gast sagte. Der Standort dieser geplanten Begegnungsstätte für möglichst alle Altersgruppen und Schichten ist neben dem "Ein-Stein" - Ecke Steiner Ring/Kochelseeweg.

Die drei Geretsrieder Akteure sind Andreas Porer für das Stadtbauamt, Dagmara Sosnowska für den Trägerverein und Martina Roth für die BG. Sie haben bereits eine kleine Ausstellung "Geschichte in Stein geschrieben" erstellt, welche die Entstehung des Stadtteils vor dem Hintergrund der Weltgeschichte beleuchtet: von der Nazi-Zeit bis zum Zerfall der Sowjetunion und ins Heute. 1938/39 richteten die Nazis auf dem Gelände des heutigen Stadtteils ein Lager mit Steinbaracken - daher der Name "Stein" - für etwa 1000 Dienstverpflichtete und Zwangsarbeiter des Rüstungsbetriebs DSC ein. In der Nachkriegszeit war Stein Standort eines Durchgangslagers, seit 1968 eines Übergangswohnheims für Aussiedler, das bis 2004 bestand. Deutsche aus Russland, Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien sind in Stein zu Hause. Die Actors wollen mit möglichst vielen heutigen Steinern ins Gespräch kommen. Sie nehmen sich Zeit für diese Unterhaltungen, zeichnen Lebensgeschichten auf und dokumentieren sie. Sandra Mader, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin an diesem Projekt "Oral History" beteiligt ist, sagte, ihr Zwischenfazit sei, dass die Jugendarbeit in Stein positiv wahrgenommen werde, es aber an einer Begegnungsstätte für Ältere fehle.

Kommunikation ist auch aus Sicht von Martina Roth das A und O der Entwicklung von Stein: Das gemeinsame Bauen eines Hochbeets und ein Stadtteilfest sind Beispiele für das, was in jüngster Zeit versucht wurde.

Wenn das Programm "Actors of Urban Change" im Mai 2017 abgeschlossen wird, soll es den Übergang zur Städtebauförderung "Soziale Stadt" ermöglichen, das für Stein geplant ist. Bis dann ein Bürgerhaus, welcher Art auch immer, steht, wird es nach derzeitiger Einschätzung des Stadtbauamts 2019 werden.

© SZ vom 24.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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