Geretsried:Ganz großer Kladderadatsch

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Die Loisachtaler Bauernbühne landet mit dem "Breznknödl-Deschawü" einen Publikumserfolg

Von Felicitas Amler, Geretsried

Tobias Moretti hat kürzlich in einem Interview davon gesprochen, dass Schauspieler die Chance haben, im Lauf ihres Berufslebens immer besser zu werden. Er erzählte, wie er den großen Peter Lühr als alten Mann auf der Bühne der Münchner Kammerspiele erlebt habe: So grandios in seiner Bühnenpräsenz, dass er kaum noch zu agieren brauchte, nur ein Hauch sei das gewesen und gerade darum so eindrucksvoll. Bauerntheater ist naturgemäß genau das Gegenteil. Da wird gepoltert und gedröhnt, jeder Satz wird mit viel Mimik und Gestik unterstrichen. Dauernd stemmen die Frauen die Hände in die Hüften, Männer plustern sich auf oder rollen die Augen, und jeder Gag wird nachdrücklich ausgekostet. Das Publikum goutiert es mit äußerstem Vergnügen - so auch die ersten Abende des neuen Stücks der Loisachtaler Bauernbühne: "Breznknödl-Deschawü", aufgeführt und reichlich beklatscht in den Geretsrieder Ratsstuben.

Déjà vu? Schon mal gesehen? Na, klar: In der bald 20 Jahre alten Filmkomödie "Und täglich grüßt das Murmeltier" haben wir im Prinzip dasselbe gesehen wie in diesem "herzhaft-deftigen Schwank" von Ralph Wallner. Im Prinzip - denn hier wie dort befindet sich der Protagonist in einer schier endlosen Zeitschleife. Dort war das der amerikanische TV-Journalist, der über den Tag des Murmeltiers zu drehen hatte und immer von vorn denselben Tag erleben musste - bis die Liebe ihn erlöste.

Hier ist es der "Heimatromanschreiberling" Ignaz Igel (souverän und mit wohltuendem Augenzwinkern: Andreas Wastian), der wieder und wieder Breznknödel essen muss, wieder und wieder mit derselben Aufforderung seiner Freunde konfrontiert wird: Er soll seine Himmelschlüsselwiese zum Bau eines Gemeindesaals verkaufen. Er mag aber nicht, und deswegen versucht ihn die erbarmungslose Bagage mit einer Zeitschleifen-Inszenierung mürbe zu machen. Achtzehn Tage lang tischt die Emerenz (in wechselnder Besetzung: Melanie Tobian und Monika Schwenger) ihm mit denselben Worten die Leibspeis' auf. Achtzehn Mal niest sie ihm in den Teller hinein. Achtzehn Mal tauchen sein Freund Fips (Florian Roth), seine "zintige" Tochter Hanni (Michaela Schelshorn) mit dem jungen Gestütsbesitzer Flori Rosser (Jörg Schwenger) und schließlich der Bürgermeister und Brauereibesitzer Hopfmoser (alternierend: Wiggerl Gollwitzer/Max Prestel) auf. Bis endlich die Gschaftlingerin (Margareta Schwarz) und die Betbichlerin (Christine Brauner) das Komplott durchschauen und den Ignaz heimlich darüber aufklären. Der stellt sich dumm und führt nun seinerseits die anderen an der Nase herum. Großer Kladderadatsch. Alles gut. Und Schluss.

Zwei Schauspielergenerationen: Michaela Schelshorn stand als Hanni das erste Mal auf der Bühne, Andreas Wastian zeigte als Ignaz Igel Erfahrung. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Gespielt wird mit viel Emphase und Spaß an der Freud', gelegentlich wird ein bisschen zu viel outriert, und ab und zu hapert's am Text. Das freilich führt in der Vorstellung am Samstag zu einem der schönsten Lacher des Abends. Denn just als der Hopfmoser (hier: Max Prestel) seine heimliche Geliebte, die Betbichlerin, in den Armen hält und ihr eine verliebte Zeile zuhauchen will - da hat er einen Texthänger. Und weiter geht's nur mit einer unüberhörbaren weiblichen Stimme aus dem Souffleurkasten: "Schaug mi net so o . . ."

Abgesehen von den unfreiwilligen Pointen sind jene, wo's ganz derb zur Sache geht, die Publikumsbrüller. So das Leiden des dicken Fips, der seit einem "Schuss in die Lodenhose" der "Hodenlose" ist, was wieder und wieder gesagt sein will. Doch neben Anwürfen wie "Du oide verwaschne Bierpfützn" und den üblichen Scherzen unter der Gürtellinie ist sogar für einen religionskritischen Rempler Raum: "Des is doch des Guade am Katholizismus", sagt da die bigotte Betschwester übers Sichversündigen: "Drei Vaterunser, und der Kas is bissen." Großes zustimmendes Gelächter.

Loisachtaler Bauernbühne: Breznknödl-Deschawü, Freitag/Samstag, 24./25. Oktober, Freitag/Samstag und Sonntag, 31. Oktober/1. und 2. November, Samstag/Sonntag, 8./9. November, Ratsstuben Geretsried; Samstag, 22. November, Loisachhalle Wolfratshausen. Beginn Freitag und Samstag 20 Uhr, Sonntag 18 Uhr.

© SZ vom 20.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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