Geretsried:Ein Gipfel - auch fürs Technische Hilfswerk

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Das THW Geretsried hat rund um das Treffen der sieben größten Industrienationen so viel geleistet wie sonst in Katastrophenjahren

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Mehr als 20 000 Stunden war das Technische Hilfswerk (THW) Geretsried voriges Jahr im Einsatz: Eine Zahl, die normalerweise nur in Katastrophenjahren zustande kommt, wie etwa beim Hochwasser 2013. Diesmal jedoch lag der Grund in einem "Ereignis mit historischem Ausmaß", so der THW-Ortsbeauftragte Erich Schöftlmair: im G7-Gipfel in Elmau. Welch hohen organisatorischen Aufwand jenes Wochenende für den THW mit sich brachte, schilderten Schöftlmair und Axel Sabisch, Leiter der Fachgruppe Führung und Kommunikation, am Samstagvormittag in der Jahreshauptversammlung.

Zuvor hatten der evangelische Pfarrer Georg Bücheler und sein katholischer Kollege Georg März ein neues Einsatzfahrzeug gesegnet. Der alte Wagen, ein Ford Transit, Baujahr 1999, konnte den Anforderungen eines Führungswagens wegen der veralteten Technik nicht mehr genügen, er wird jetzt als Stabs- oder Transportfahrzeug weiterverwendet, "bis dass der TÜV uns scheidet", sagte Schöftlmair.

Von 7. Bis 8. Juni 2015 fand der G7-Gipfel statt - für das THW jedoch begann der Einsatz bereits am 18. April, als die ersten Aufbauarbeiten vorgenommen wurden, und endete am 14. Juni, nach Abschluss des Rückbaus. Der Landesverband Bayern richtete in der Geschäftsstelle Bad Tölz einen Lage- und Koordinierungsstab ein, Geretsried indes installierte einen Logistikstützpunkt und übernahm die Verantwortung dafür, dass Material und Gerät immer einsatzfähig blieben. Damit der Betrieb nicht zum Erliegen kam, wurde in der Geschäftsstelle Bad Tölz teilweise in drei Schichten gearbeitet.

Der evangelische Pfarrer Georg Bücheler (li.) und sein katholischer Kollege Georg März weihten das neue THW-Fahrzeug. (Foto: Pöstges)

Wie sehr das THW kurz vor dem G7-Gipfel unter Spannung stand, zeigte Sabisch am Beispiel der Gröbenschule in Schongau. Am letzten Tag vor den Pfingstferien, am 22. Mai, klingelte es um 13 Uhr zum Unterrichtsende. Um 13.30 Uhr wurden in der Tölzer Geschäftsstelle bereits die Schlüssel zur Schule übergeben - und noch am selben Tag zogen dort die ersten Gruppen ein. In der Gröbenschule waren während des Gipfels rund 300 Hilfskräfte untergebracht.

Es wurde eine spannende, teilweise auch nervenzehrende Zeit - nicht nur wegen der Not zum reibungslosen Ablauf und der anstrengenden Wettersituation (anfangs schneite es noch, doch in den Pfingstferien brach plötzlich der Sommer aus). Sondern auch wegen diverser Sabotage-Versuche, die an den Fahrzeugen vorgenommen wurden. Einer Hilfskraft fiel einmal ein aufgebrochener Tank an einem Wagen auf. Bei einer genaueren Untersuchung fand man eine gelartige Masse im Tank. Nicht die einzige Manipulation an einem Fahrzeug, sagte Sabisch.

Lob und Anerkennung für die Leistung des THW gab es von Siegfried Schymala, dem stellvertretenden Landesbeauftragten für Bayern, und dem CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan. Der würdigte vor allem, dass die Tradition der Fahrzeugsegnung in Bayern noch selbstverständlich sei, "anders als in anderen Bundesländern". Das THW sei für Krisen, "die man erlebt und die sich nicht morgen auflösen", unverzichtbar. Deshalb habe der Haushaltsausschuss des Bundestags auch beschlossen, den Etat des Bundesinnenministeriums zu erhöhen, was auch dem THW zugute komme. Geld habe das Hilfswerk auch dringend nötig, sagte Schymala. Um all seine veralteten Fahrzeuge auszutauschen, müsste das THW 36 Millionen Euro investieren.

Schymala betonte die Rolle des THW in der Flüchtlingskrise. So sei unter der Federführung des Hilfswerks - buchstäblich "auf der grünen Wiese" - in nur 72 Stunden ein Wartezentrum für 1000 Menschen in Feldkirchen errichtet worden. In dieser Hinsicht war auch das THW Geretsried involviert, das in einer Tölzer Turnhalle eine Notaufnahme für Flüchtlinge errichtete.

Dass das THW auch im Kleinen gebraucht wird, verdeutlichte Pressesprecher Ludwig Irmer, der die Bergung eines kunterbunten Temenos-Bauwagens aus einem Wald bei Degerndorf schilderte. Wie das Gefährt in den Wald hineingelangt sei, habe sich niemand so recht erklären können, denn der Weg sei für den breiten Bauwagen viel zu schmal gewesen. Mit Geduld und Fingerspitzengefühl konnte der Wagen vom Technischen Hilfswerk geborgen und auf die befestigte Straße zurückgebracht werden.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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