Geretsried:Bohrprojekt steckt fest

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Im vergangenen Jahr haben die Bohrtechniker auf ihr Fünf-Kilometer-Loch bei Breitenbach bis auf Weiteres einen soliden Deckel geschraubt. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Firma Enex kommt mit ihren Bemühungen, auf dem Gut Breitenbach heißes Wasser aus fünf Kilometern Tiefe zu fördern, nicht voran. Die Stadt Geretsried, ein möglicher Abnehmer, plant mittlerweile ohne Geothermie

Von Matthias Köpf, Geretsried

Es wären große und naheliegende Kunden im künftigen Geltinger Gewerbegebiet, und auch das interkommunale Hallenbad könnte einige Wärme abnehmen. Doch die Stadt Geretsried plant ihre nächsten Vorhaben ohne Fernwärme-Anschluss, denn das Geothermie-Projekt bei Gut Breitenbach kommt nicht voran. Seit fast zwei Jahren tritt die Enex Power Germany mit ihrem Versuch auf der Stelle, aus rund fünf Kilometern Tiefe heißes Wasser zur Produktion von Strom und Fernwärme zu fördern. Eine erste Bohrung vor zwei Jahren stieß auf weit weniger Wasser als nötig, seither ringt das Unternehmen um die Finanzierung einer Ablenkbohrung. Man habe das Projekt keinesfalls aufgegeben, versichert Enex-Geschäftsführer Robert Straubinger. Große Fortschritte kann er allerdings nicht verkünden.

Die Geltinger Fehlbohrung war ein schwerer Rückschlag für die gesamte Geothermie-Branche, in der die anfängliche Goldgräberstimmung einiger Ernüchterung gewichen ist. Obwohl Projekte etwa in Erding, in Unterföhring oder in Unterhaching und Grünwald mittlerweile gut funktionieren und im Chiemgau vergangenes Jahr in Deutschlands erstem geothermiegeheizten Glashaus die erstem Paprika geerntet wurden, warten die Projektentwickler und Finanzinvestoren inzwischen fast geschlossen auf die Entwicklung in Gelting. Als sich dort der Bohrer noch drehte, kostete ein einziger Bohrtag inklusiven der nötigen Arbeiter rund 30 000 Euro. Nun lagert dort seit Monaten ein in Container verpacktes, weit über zehn Millionen Euro teures Bohrgerät, für das sich keine Aufträge finden.

Die Hoffnung von Enex-Geschäftsführer Straubinger, dass sich andere Geothermie-Unternehmen an der auf neun Millionen Euro geschätzten Ablenkbohrung in Gelting beteiligen könnten, um ihre eigene Projekt wieder ins Laufen zu bringen, hat sich nicht erfüllt. "Die wünschen uns alle viel Glück", sagt Straubinger, doch investieren wollten die Kollegen trotz der angebotenen Beteiligung am Erfolg lieber nicht. Auch seine Versuche, staatliche Fördergelder aufzutreiben, waren bisher erfolglos. Bohren sei nicht innovativ, habe man ihm da stets nur gesagt. Nun setzt Straubinger noch gewisse Hoffnung auf eine wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Geothermie-Professorin Inga Moeck von der Münchner TU. Sie will unter anderem den Gründen für das Scheitern der ersten Bohrung nachgehen, was am besten mit einem neuerlichen Versuch samt entsprechenden Forschungsgeldern gelingen soll. Allerdings würde die Forschungsförderung nur den geringsten Teil der nötigen neun Millionen Euro abdecken, räumt Straubinger ein. Die Enex und ihre Muttergesellschaft, der Mischkonzern Hörmann aus Kirchseeon, können die Summe nicht alleine aufbringen, der Finanzinvestor Daniel Hopp hat sich nach dem Misserfolg die Versicherungssumme auszahlen lassen und ist ausgestiegen. Seither ist auch den Versicherern das Risiko mit der Geothermie zu groß geworden, was es für Straubinger nicht leichter macht, Investoren für seine Ablenkbohrung zu finden. Man verhandle mit möglichen Partnern, spruchreif sei aber nichts. Sollte es irgendwann eine erfolgreiche Ablenkbohrung geben, so müsste es noch ein zweites, ähnlich tiefes Loch gedrillt werden, durch das Wasser wieder in den Untergrund zurückgepumpt wird.

Bei den Geretsrieder Stadtwerken, die mit den Tölzern eigens ein Unternehmen gegründet haben und darüber insgesamt 36 Millionen Euro in ein Fernwärmenetz stecken wollten, zeigt sich Vorstand Jan Dühring inzwischen zurückhaltend. "Komplett abgeschrieben haben wir's noch nicht", sagt Dühring über das Geothermie-Projekt. Aber auf den Sankt Nimmerleinstag könne man eben auch nicht warten.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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