Geothermie:Bisher sprudeln weder Wasser noch Geld

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Für einen neuen Versuch beim gescheiterten Geothermie-Vorhaben in Gelting sucht die Enex Investoren. Das Problem sind die sogenannten Fündigkeitsversicherungen

Von Matthias Köpf, Geretsried

Ein Jahr nach der gescheiterten Geothermie-Bohrung bei Gelting kämpft die Firma Enex um die Rettung ihres Millionen-Projekts. Seit aus dem rund 5000 Meter tiefen und mehr als 6000 Meter langen Bohrloch nicht die erhoffte Menge heißen Wassers gesprudelt ist, versucht Enex das Geld für eine Ablenkbohrung aufzutreiben. Die beiden Nachbarprojekte nördlich von Wolfratshausen und am Fiechtnersee nahe Königsdorf stagnieren, weil die Firmen und die Investoren auf die Entwicklung in Gelting warten.

Der dortige Enex-Bohrplatz am Gut Breitenbach, auf dem bis zum vergangenen Sommer eine gewaltige, 54 Meter hohe und von zwei Dutzend Arbeitern umsorgte Bohrmaschine lärmte, liegt längst verlassen da. Aus der fast fußballfeldgroßen Fläche aus Beton und Asphalt ragt ein einsamer, mit mächtigen Muttern verschraubter Rohrstutzen. Die Enex hat ihr Büro vor einigen Wochen von Wolfratshausen nach Kirchseeon in die Zentrale des Mischkonzerns Hörmann verlegt. Die Muttergesellschaft stehe nach wie vor zu ihrer Tochter, sagt Enex-Geschäftsführer Robert Straubinger. Doch Hörmann hat schon die erste Bohrung nicht allein gestemmt. Erst nachdem Daniel Hopp, ein Sohn des milliardenschweren SAP-Gründers Dietmar Hopp, als Investor eingestiegen war, drehte sich bei Gelting der Bohrer. Die Geldgeber haben einen großen Teil ihres Einsatzes über die Fündigkeitsversicherung zurückerhalten, die Münchner Rück musste mehr als 20 Millionen Euro auszahlen. Doch diese Erstattung und weitere 18 Millionen, die in einem ähnlichen Fall in Traunreut fällig geworden sein sollen, haben die Versicherer vorsichtig werden lassen. Wenn sie überhaupt noch Policen anbieten, dann mit einer Selbstbeteiligung, die Investoren abschreckt, heißt es aus der Geothermie-Branche, die als ganze unter dem Rückschlag in Gelting leidet. So ist gerade ein geothermiegespeistes Fernwärme-Projekt der Gemeinden Vaterstetten, Grasbrunn und Zorneding gescheitert, weil sich kein Versicherer gefunden hat und der Investor abgesprungen ist.

Enex-Geschäftsführer Straubinger braucht für seine Ablenkbohrung, die in halber Tiefe vom ersten Loch abzweigen soll, nach eigenen Angaben acht bis neun Millionen Euro, die er allen Widrigkeiten zum Trotz Ende des Jahres beisammen haben will. Diese Bohrung solle nicht mehr in poröses Gestein führen, wie es auch auf Druck der Münchner Rück bei der ersten Bohrung gewesen sei. Stattdessen visiere man eine Zone mit größeren Brüchen an, wie es andere Geologen zuvor auch schon empfohlen hätten. Tritt daraus genügend heißes Wasser zu Tage, ist ein zweites Loch nötig, durch das es nach der Strom- und Wärmeproduktion zurückgepumpt wird.

Bei Gelting ragt aus der fast fußballfeldgroßen Fläche aus Beton und Asphalt ein einsamer, mit mächtigen Muttern verschraubter Rohrstutzen. (Foto: Manfred Neubauer)

"Von unserer lieben Staatsregierung gibt es leider keinerlei Unterstützung", beklagt sich Straubinger, der vom Münchner Wirtschaftsministerium nach eigenen Worten gerade die Auskunft erhalten hat, dass eine staatliche Bürgschaft für das Projekt nicht infrage komme, weil man dazu keine Richtlinien habe. Allerdings hat die Politik nun ein Hindernis aus dem Weg geräumt, das die Branche eineinhalb Jahre gelähmt hat: Im soeben in Kraft getretenen Erneuerbare-Energien-Gesetz bleibt für die Geothermie alles beim Alten, die befürchteten Einschnitte sind ausgeblieben.

Immerhin das stimmt Heiko Wilhelm von der Erdwärme Bayern und Michael Riedl von der A.I.R. Geokraft optimistisch. Bei Firmen haben ihre fast bohrreifen Projekte nördlich von Wolfratshausen und bei Königsdorf seit einem Jahr ruhen lassen. Man bleibe zuversichtlich, sagt Wilhelm. "Aber wir warten ab, was in Geretsried passiert." Ähnlich äußert sich Riedl, der nun die Investorensuche intensivieren will und auf einen staatlichen Förderfonds hofft.

© SZ vom 10.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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