Geigentag in Eurasburg:"So wie im Jazz"

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Musizieren unter freiem Himmel, mit Spaß und ohne Leistungsdruck - so war der Geigentag in Berg. (Foto: Hartmut Pöstges)

Beim Geigentag in Eurasburg spielen Volksmusikanten zusammen

Von Anja Brandstäter, Eurasburg

Von weit her sind Geiger und Flötenspieler, Harfenistinnen und Gitarristen nach Berg in der Gemeinde Eurasburg angereist. Sie nehmen am 20. Bairischen Geigentag teil - ein wahrer Magnet für Volksmusiker. Am Samstag, einem wunderbar warmen Herbsttag, konnten die etwa 40 Teilnehmer im Garten des Landgasthofs Berg musizieren - viele in Tracht. Was die meisten besonders anzieht, sind die Notenhefte, die die Veranstalter, Sissy und Franz Mayrhofer zusammenstellen. Wie Franz Mayrhofer erzählt, gab es vor 30 Jahren kaum passendes Notenmaterial. Also hat er in Archiven gestöbert und altes Volksmusikgut herausgesucht. In der Staatsbibliothek und im Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern forschte er tagelang. Oftmals hat er die Stücke dort abgeschrieben.

Für den Geigentag stellt er aus diesem alten Notenmaterial, das bis ins 18. Jahrhundert zurück reicht, und selbstgeschriebenen Werken die Hefte zusammen. "Es ist lustige Tanzmusik, einfach zu spielen", erklärt er. Dabei ist der Begriff "Geigentag" etwas irreführend, denn die Teilnehmer spielen die verschiedensten Volksmusikinstrumente und bilden ein kleines Orchester mit Harfen, Flöten, Geigen, Celli, Kontrabässen, Gitarren und Ziehharmoniken.

Therese ist die jüngste Teilnehmerin. Die Siebenjährige kann auf ihrer Flöte schon allerhand. Ihre Schwester Antonia spielt Geige. Beide sind Schülerinnen von Sissi und Franz Mayrhofer. Auch das Ehepaar Neumüller ist aus Lenggries gekommen, Katharina ist Geigenbauerin und ihr Mann Hubert Gitarrenbaumeister. "Wir Volksmusiker sind gut vernetzt", sagt Mayrhofer.

Ein Stammgast, neben vielen anderen, ist Walter Kopf aus Regen im Bayerischen Wald. Der 80-Jährige schätzt ganz besonders das Notenmaterial: "Es sind so schöne alte Stücke." Er freut sich immer darauf, viele Bekannte wieder zu sehen. Das freie Spiel, neue Stücke auszuprobieren und zu improvisieren, "so wie im Jazz", all das macht ihm besonders viel Freude. "Es ist eine feine Sache, dass es das gibt", sagt er.

Hans Fischhaber, der Wirt und Gastgeber, stellt viel Gastraum zur Verfügung. Der halbe Biergarten ist von den Musikern besetzt. Notenständer, Geigenkästen und Gepäck liegen kreuz und quer herum. Wäre das Wetter schlecht, hätte er einige Räume in seinem Wirtshaus zur Verfügung gestellt. Damit verzichtet er zugunsten der Musik auf Einnahmen. Gerne tut er das. "Werbung machen wir keine, die Musiker kennen sich untereinander, viele sind ehemalige Schüler der Mayrhofers und es hat sich bereits herumgesprochen".

Auch die Wirtshausgäste schätzen den Geigentag. Volksmusik dient schließlich der Unterhaltung, und die bekommen sie heute kostenlos dazu. Sichtlich zufrieden hören sie Walzer, Polkas, Märsche, Jodler und Landler. Die Stücke heißen zum Beispiel "Dampf-Galopp", "Mit Zimt und Zucker", "Doagschlager-Walzer" oder "Zwetschken-Schottisch" aus der Feder von Franz Mayrhofer. Freies Musizieren hat es in der Volkskunst schon immer gegeben. Früher haben sich arme Leute mit ihrer Musik im Wirtshaus etwas dazuverdient. An diesem Geigentag geht es um die Spielfreude. "Auswildern statt Treibhaus" nennt es Sissi Mayrhofer - auswildern, weil es keine strengen Regeln gibt, es geht auch nicht um Leistung sondern ums "Miteinand".

Miteinand geht es um 18 Uhr zur Andacht in die Kirche nebenan. Das Eingeübte wird zusammen vorgetragen. "Das gehört für uns dazu". Es ist nun schon der 20. Bairische Geigentag, den Sissi und Franz Mayrhofer veranstalten. Franz erzählt, dass er vor über 30 Jahren eingeladen wurde in der Steiermark bei einem Geigentag mitzuwirken. Das habe ihm so gut gefallen, dass er die Idee nach Bayern brachte: "Es war wie in der freien Wildbahn, sprich im Wirtshaus." Franz Mayrhofer leitete 30 Jahre lang die Schule für Bairische Musik in München. Der gebürtige Münchner ist mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt worden, darunter mit dem Kulturpreis der Stadt Wolfratshausen, dem Preis der Hanns-Seidel-Stiftung und der Medaille "München leuchtet".

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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