Gedenkjahr in Bad Tölz:"Überwältigende Resonanz"

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Auf Betreiben des Dritten Bürgermeisters Christof Botzenhart setzt sich die Stadt Bad Tölz erstmals mit Thomas Mann auseinander, dessen Familie hier eine Sommervilla hatte

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Der Grund, weshalb Bad Tölz heuer Thomas Mann feiert, wirkt etwas bemüht: 1917 verkaufte der Schriftsteller seine Villa an der Heißstraße, die er 1908 hatte erbauen lassen. Auf dem Programm des Gedenkjahrs stehen eine Vortragsreihe über Werke von Thomas Mann, Ausstellungen, Lesungen, Kinoabende und Führungen. Der Höhepunkt ist die Tagung der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft aus Lübeck, die vom 15. bis 17. September im Kurhaus über die Bühne geht und auch Besuchern offensteht. Die Idee zum Thomas-Mann-Jahr hatte Christof Botzenhart, Gymnasiallehrer und Dritter Bürgermeister von Tölz. Über die Resonanz auf die bisherigen Veranstaltungen und über weitere Pläne, den Schöpfer der "Buddenbrooks" und der in Tölz entstandenen Novelle "Der Tod in Venedig" zu ehren, äußerte er sich im Gespräch mit der SZ.

SZ: Herr Botzenhart, haben Sie den vierbändigen Roman "Josef und seine Brüder" von Thomas Mann schon einmal gelesen?

Christof Botzenhart: Leider nein. Über die ersten Seiten bin ich nicht hinausgekommen.

Gehört Thomas Mann eigentlich zu Ihren Lieblingsschriftstellern?

Ja, wobei für mich zur Faszination auch die spannende Biografie des Schriftstellers wesentlich beiträgt.

Andere Städte würden sich mit Thomas Mann schmücken. Bad Tölz hat dies bis zu Ihrer Initiative für das Thomas-Mann-Jahr nicht getan. Warum nicht?

Die Stadt war nicht generell desinteressiert, und es gab in der Vergangenheit auch immer wieder einzelne Aktionen. Als ich vor drei Jahren das Thomas-Mann-Jahr vorgeschlagen und die Koordination übernommen habe, hat die ganze Stadt hervorragend mitgezogen. Vor allem unsere Tourist-Information hat sich sehr stark dafür eingesetzt.

Thomas Mann gilt als "hartnäckiger Villenbesitzer", wie der Schriftsteller Hermann Kesten formuliert hat. Welche Bedeutung hat die Tölzer Villa an der Heißstraße?

Die Tölzer Villa ist das authentischste Thomas-Mann-Haus im deutschsprachigen Raum. Dies ist vor allem der guten Pflege der Armen Schulschwestern zu verdanken, denen das Haus seit gut 90 Jahren gehört. Vergleichbar mit dem Tölzer Haus ist nur noch das Anwesen in Pacific Palisades in Kalifornien, das der Bund kürzlich für circa 13 Millionen Euro erworben hat.

Der Orden der Armen Schulschwestern hat als Eigentümer die Mann-Villa in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten. Andererseits kann kaum jemand das Haus einmal besichtigen. Ein Nachteil?

Das Eigentum der Schwestern muss man respektieren. Zudem bin ich den Schwestern sehr dankbar, dass sie uns beim Thomas-Mann-Jahr sehr hilfsbereit unterstützen. Sie gestatteten einen Pressetermin im Februar, sodass der Öffentlichkeit jetzt immerhin Fotos vom Inneren der Villa zur Verfügung stehen. Zudem dürfen die Teilnehmer von angemeldeten Stadtführungen in den Park.

Das Thomas-Mann-Jahr bot bislang unter anderem Ausstellungen im Tölzer Stadtmuseum und eine Vortragsreihe des Historischen Vereins. Wie war die Resonanz?

Überwältigend. Zum Teil waren die Vorträge regelrecht überfüllt. Sehr gut angenommen wird auch die liebevoll gestaltete Ausstellung 'Von der 'Königlichen Hoheit' bis zum 'Zauberberg' in unserem Stadtmuseum. Museumsleiterin Elisabeth Hinterstocker ist es gelungen, dafür von Albert von Schirnding großartige Thomas-Mann-Erstausgaben zu bekommen.

Die Deutsche Thomas-Mann-Gesellschaft aus Lübeck tagt vom 15. bis zum 17. September im Tölzer Kurhaus. Wie haben Sie das denn geschafft?

Ich habe bei Professor Ruprecht Wimmer, dem früheren Präsidenten der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft, studiert. Über ihn habe ich den Kontakt eingefädelt. Zwei Vorstandsmitglieder haben dann Bad Tölz besucht und waren so angetan, dass die Entscheidung schließlich pro Bad Tölz gefallen ist. Normalerweise findet die Jahrestagung in Lübeck statt und nur alle drei, vier Jahre an anderen, größeren Orten.

Die Tagung steht auch Gästen offen. Die Themen drehen sich um Kulturräume, Erzählverfahren und Raumsemantiken. Für Nicht-Mitglieder kostet die Teilnahme an der gesamten Tagung 50 Euro. Glauben Sie denn, dass da viele Besucher kommen werden?

Die Vortragsreihe des Historischen Vereins hat bewiesen, dass wir Publikum weit über Bad Tölz hinaus ansprechen konnten. Und für diese 50 Euro bekommt man ja auch über drei Tage hinweg ein großartiges Programm geboten. Und für interessierte Deutsch-Kurse aus den hiesigen Schulen ist die Teilnahme kostenfrei.

B eim Eröffnungsabend haben Sie die Hoffnung ausgedrückt, dass das Thomas-Mann-Jahr nicht bloß ein einmal abgebranntes Feuerwerk sei. Nötig sei eine kontinuierliche, aktive Erinnerung an die Familie Mann in Bad Tölz. Wie soll das gewährleistet werden?

An geeigneten Stellen am Hintersberg werden Informationstafeln über die Familie Mann in Bad Tölz mit Texten und altem Bildmaterial errichtet werden. Stadtarchiv und Tourist-Information arbeiten bereits daran. Im September wird ein Bronze-Relief von Thomas Mann am Sparkassen-Gebäude in der Marktstraße enthüllt werden. Es ist ein Werk des Künstlers Günter Schwarz, das von Rupert Wiedenhofer gestiftet worden ist. Damit haben wir mitten in der Stadt eine Erinnerung an Thomas Mann. Natürlich wird auch die Tourist-Info weiterhin einschlägige Führungen anbieten.

Z um Gedenkjahr gehört auch ein Thomas-Mann-Bier, gebraut vom Tölzer Mühlfeldbräu. Wie schmeckt Ihnen das Helle?

Alle, die es getrunken haben, sind begeister. Ich selbst allerdings eigne mich mangels Vergleichsmöglichkeiten nicht so gut als Bier-Schiedsrichter.

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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