Geburtsabteilung:Grüne glauben nicht mehr an Rettung

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Wurden als Delegierte der Kreisversammlung gewählt (v.l.): Hans Schmidt, Alexander Müllejans, Manfred Schmid, Lena Gneist und Andreas Morr. (Foto: Manfred Neubauer)

Partei hält Bad Tölz für den besseren Standort einer Geburtenstation. Fraktion berät am Donnerstag

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Während sich die Grüne Jugend und die Junge Union für den Erhalt beider Geburtshilfestandorte im Landkreis ausgesprochen haben, wurde diese Forderung bei der Kreisversammlung der Grünen am Dienstag nicht erhoben. Vor allem Mitglieder aus dem Südlandkreis sprachen sich lediglich für den Erhalt der Geburtshilfe an der Tölzer Stadtklinik aus. Als wahrscheinlicher erachtet wird aber inzwischen offenbar ein Vorschlag von Manfred Stumpfe: Das Konzept des Belegarztes in Wolfratshausen sieht eine Kooperation zwischen der Kreisklinik und Starnberg vor - und damit das Aus für Bad Tölz.

Kreissprecher und Dritter Landrat Klaus Koch äußerte sich zurückhaltend. Noch habe man keine Linie, erst am Donnerstag werde die Fraktion beraten. Tags darauf muss dann der Kreistag entscheiden, ob die Asklepios-Klinik mit einem jährlichen Millionen-Zuschuss unterstützt werden soll.

Die Tagesordnung der Grünen, zu der 18 Mitglieder in den Starnbräu gekommen waren, war umfangreich. Wegen langwieriger Delegiertenwahlen verkürzte sich die Zeit für die Vorträge von Christoph Nadler über die Integration von Flüchtlingen im Nachbarlandkreis und die Vorstellung des Bundestags-Direktkandidaten Karl Bär. Brennendstes Thema im Landkreis ist zurzeit freilich die Zukunft der Geburtshilfe. Für den Standort Bad Tölz gebe es gute Argumente, sagte Koch: Mehr Geburten - mit 533 jährlich mehr als doppelt so viele wie in Wolfratshausen. Auch die Lage sei zentraler, denn die Asklepios-Klinik könne von allen Gemeinden innerhalb der vorgeschrieben 30 Minuten erreicht werden. Aber selbst wenn sich der Kreistag für eine finanzielle Beteiligung entscheiden sollte - Asklepios werde trotzdem Ende März "die Schotten dicht machen". Dann stünde der Landkreis vor der Aufgabe, schnellst möglich eine Wiedereröffnung zu betreiben. Mit allen Problemen, die Geburtshilfeabteilungen mit einem Belegarztsystem derzeit bundesweit zur Aufgabe zwängen: Fehlendes Personal wegen hoher Haftpflichtversicherungen und großer Arbeitsbelastung.

Auch die Kreisklinik in Wolfratshausen arbeite mit einem Belegarztsystem. Dieses sei aber zumindest vorerst gesichert, weil Gynäkologe Stumpfe zugesagt habe, die nächsten drei Jahre weiterzumachen. Eine Kooperation der Kliniken Tölz und Wolfratshausen sei keine Lösung; denn auch zusammen seien sie zu klein. Damit sich eine Hauptabteilung mit 12 Ärzten rechne, müssten mindestens 1000 Geburten pro Jahr betreut werden. In Tölz und Wolfratshausen seien dies aber nur rund 800. Das Angebot, das Asklepios vorgelegt habe, sehe deshalb die Bildung einer Hauptabteilung mit einem größeren Partner wie Agatharied oder Garmisch vor, sowie einen jährlichen Zuschuss des Landkreises von 1,8 Millionen Euro. Für den Tölzer Stadtrat Franz Mayer-Schwendner ist das ein "erpresserisches Angebot". Trotzdem müsse man weiter mit Asklepios verhandeln, denn Bad Tölz sei der beste Standort. Inzwischen laufe aber alles auf eine Kooperation zwischen Wolfratshausen und Starnberg hinaus. "Und Tölz wird runterfallen", sagte Mayer-Schwendner. Er plädierte für eine Vertagung, weil man sonst "ins Chaos" falle. Kreissprecherin Barbara Schwendner kritisierte, dass fast ausschließlich auf die Meinung der Professoren bei der Anhörung Bezug genommen werde. "Den Stellungnahmen der Hebammen wird kein solches Gewicht eingeräumt." Im Fokus müssten doch Frauen stehen "und nicht, ob wir nun eine kommunale oder eine private Gesundheitsversorgung präferieren."

Zuvor hatte Christoph Nadler, Fraktionssprecher der Grünen im Landkreis München-Land, über Erfahrungen bei der Integration gesprochen. Nadler lobte den CSU-Landrat Christoph Göbel, der den Ermessensspielraum des Landratsamts bei der Erteilung von Arbeitsgenehmigungen für Asylbewerber großzügig auslege. Der Landkreis München-Land stelle 370 000 Euro für Deutschkurse zur Verfügung sowie Mittel für die psychologische Betreuung traumatisierter Flüchtlinge. "Bei uns gibt es kein Budget für Deutschkurse und kein Integrationskonzept", kritisierte Schwendner. Bundestag-Direktkandidat Karl Bär versprach, sich in Berlin für die Region einzusetzen - etwa für den Erhalt der "kleinteiligen, bäuerlichen Strukturen" und eine Verkehrswende. Im Bundesverkehrswegeplan seien Null Euro für den Schienenverkehr im Oberland eingeplant, aber 200 Millionen für Straßen, etwa für eine Umgehungsstraße in Bad Heilbrunn.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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