Fruchtig-beerige Note:Rote Schokolade

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Georg Bernhofer verkauft in seinem Wolfratshauser Laden eine neue Schokolade - und andere Chocolatiers sind neidisch

Von Paul Schäufele, Wolfratshausen

Man muss es sich als eine kulinarische Revolution vorstellen: Als die weiße Schokolade - angeblich eine Kreation der Schweizer Firma Nestlé und eine Möglichkeit, überflüssige Kakaobutter zu verwenden - ihren Platz in den Auslagen der Kaufhäuser fand, setzte das die Kunden in helles Erstaunen und brachte die Gefühlshaushalte von Chocolatiers auf dem ganzen Globus in Unordnung. War das überhaupt noch Schokolade? Eine Süßware, der das Kakaopulver aus der Kakaomasse entzogen wurde und damit nicht nur der unverwechselbare Geschmack fehlte, sondern auch die charakteristische Farbe.

Nestlés Notlösung ist eine Anekdote der Dreißigerjahre. Doch jetzt, achtzig Jahre später bahnen sich neue Umwälzungen an in den Studios der Schokoladenkünstler. Schwarz war sie, weiß wurde sie, und nun - man höre und staune - wechselt sie wieder ihre Farbe: Rot, oder eher etwas zwischen mauve und himbeerjoghurtfarben ist sie nun, die Ruby-Schokolade. Ohne Farbstoffe oder sonstige Zusätze, nur aufgrund der Beschaffenheit der Kakaobohne. Bremer Forscher der Jacobs University entdeckten die ungewöhnlichen Bohnen zufällig bei Untersuchungen für den Schweizer Hersteller Barry Callebaut.

Bernhofer ist gut vernetzt

Georg Bernhofer, Inhaber der Bernhofer Chocoladenmanufaktur & Genusswerkstatt am Wolfratshauser Obermarkt, hat die süße Neuheit im Programm - als einer von wenigen. Die rotpigmentierte Kakaobohne wirft noch Fragen auf, bislang ist nicht sicher, ob sie gezielt gezüchtet werden kann oder ob es sich dabei nur um eine Mutation, eine Laune der Natur, handelt. Dass Bernhofer eine gewisse Menge der raren Bohne ergattern konnte, hat er seiner guten internationalen Vernetzung zu verdanken, andere Chocolatiers stehen auf der Warteliste. Im Landkreis ist er, wie er sagt, der einzige, der sie momentan anbietet, in Reinform als Schokoladentafel, kunstvoll als "Flamingo-Schokolade" und als Trüffelpraline. Angenehm frisch schmeckt die Ruby-Schokolade, mit fruchtig-beeriger Note, die man auch bei Blindverkostung wahrnimmt.

Berührungsängste mit Ungewohntem kann man dem jungen Chocolatier ohnehin nicht vorwerfen. Die Schokoladen aus eigener Herstellung verfeinert er unter anderem mit exotischen Früchten wie Pitahaya oder Kumquat. Um seine Kunden ist ihm trotz seiner Experimentierfreude nicht bange. Neben den Stammkunden, die teilweise Anreisen aus Augsburg oder Rosenheim auf sich nehmen, besuchen auch zahlreiche Touristen den Laden in der Altstadt. Diese war es auch, die ihn damals davon überzeugt hat, den Standort Wolfratshausen zu wählen. Seine Verbundenheit mit der Flößerstadt konnte der gebürtige Weilheimer Bernhofer nun auch in Schokolade übersetzen. In den Regalen findet sich seit kurzem auch Flößerschokolade in Holzoptik, ein Riegel geschickt gemischt aus helleren und dunkleren Schokoladen.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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