Drei Stunden lang Lob und Spott über Wolfratshausen, echte alpenländische Volksmusik, traumverlorene Balladen und eine Hymne: Beim ausverkauften Flussfestival-Abend am Mittwoch konnten sich die Wolfratshauser nach ebenfalls sehr gut besuchten Kabarett- und Musikveranstaltungen namhafter Künstler selbst feiern. Und das mit musikalischen Eigengewächsen, die sich als "Brustmann hoch 3" für dieses Gastspiel erstmals zusammengetan hatten und an der Alten Floßlände auftraten.
Es hätten auch bedeutend mehr als drei sein können. Denn in der Waldramer Familie Brustmann können fast alle schön singen oder beherrschen ein Instrument. Oder beides oder noch mehr wie der frühere Monaco-Bagage- und Jodelwahnsinn-Künstler und ehemalige Musikschullehrer und jetzige Solokabarettist Josef Brustmann. Der erzählte, dass bei einem Familienfest eine hohe Zahl von musikalisch Tätigen festgestellt wurde. Doch alle zusammen hätten beim Flussfestival die schwimmende Bühne wahrscheinlich zum Sinken oder die Zuhörer zum Übernachten gezwungen.
Die Auswahl fiel deshalb auf Matze Brustmann und seine Band Balloon Pilot, die Waldramer Tanzlmusi und die Waldramer Sänger und den Musikkabarettisten Josef Brustmann: Drei Stunden lang. Mehr Brustmann ging wirklich nicht.
Doch es hat gepasst. Die Wolfratshauser feierten ihre Well-ähnliche Familie und ließen sich sogar zu einem unbeschreiblichen Jubel und zustimmenden Pfeifkonzert hinreißen. Dann nämlich, als die Waldramer Sänger (Tobias, Sebastian, Benedikt und Bassist Dominic Feichtner) ein nur dezent ungarstig Lied auf Wolfratshausen sangen zur Melodie von "Veronika, der Lenz ist da". Textprobe: "Schranke weg, Schranke her, Endstation heißt Wor, nicht Ger." Bürgermeister Helmut Forster in der ersten Reihe der Tribüne am Loisachufer zeigte sich ebenfalls hingerissen, und Wolfratshausen hat womöglich eine neue, flotte Hymne.
Doch sonst blieben die jungen Sänger und Instrumentalisten ihrem Auftrag treu: fröhliche und flott gespielte alpenländische Volksmusik und ein stimmlich eindrucksvoller Viergesang, die prima zur Kulisse der Altstadt passten. So jung und dennoch Volksmusik? Das mag sich mancher gefragt haben. Doch die vier Sänger und Musikanten wirkten bei ihren Vorträgen nicht aufgesetzt. Im Gegenteil: "Schee, gell?", entfuhr es Tobias Brustmann spontan bei "I bin der Hans vom welschen Land".
Andere Töne schlug Josef Brustmann an über die Festival-Stadt, über die Aventinus angeblich seufzte: "Ach, Wolfratshausen!" Doch trotz Kritik über ihre Heimatstadt amüsierten sich die Zuhörer und spendeten mehr als höflichen Beifall, hörte aber bewegt zu, als der Kabarettist Föhrenwald und seine bedrückende Geschichte - Nazi-Siedlung, Lager für jüdische Displaced Persons - thematisierte.
Dazwischen die nachdenkliche Ballade von der Summer Kathi und ihrem in einem Glas eingesperrten Goldfisch Hemingway, der auch in Freiheit immer im Kreis schwamm. Auch ungebetene Mitwirkende konnten die Wortakrobatik, die kritischen Auseinandersetzungen und das Zitherspiel von Josef Brustmann nicht stören: die Mücken, die ihn beim Spielen in die Hände stachen, oder die Einsatzwagen, die das schöne Lied "An der Loisach bin i gsessn" mit heftigstem Martinshorn-Einsatz anreicherten. Immerhin erwischte es fast die Tonart des Songs.
So fügte sich alles an diesem Wolfratshausen-Abend, obwohl Matze Brustmann und seine Band "Balloon Pilot" dann kein Wort mehr auf Boarisch verlauten ließen, sondern traumverlorene, ruhige, tanzbare Songs wie "Just Another Tale" auf Englisch sangen. Fast alle Zuhörer blieben bis zum Schluss und ließen sie hochleben, ihre Brustmänner.