Festival-Premiere:Vielfalt der Tasten

Lesezeit: 2 min

Werben für Tasteninstrumente: Sofya Gandilyan, Anahita Mosafer-Haghighi, Natalia Panina-Rummel und Olga Kotlyarova (v. li.) beim Festival. (Foto: Manfred Neubauer)

Das internationale Festival der Klavierkunst "Clavis" eröffnet Klangwelten

Von Sabine Näher, Reichersbeuern

Was ein Klavier ist, weiß jeder, und die Orgel ist zumindest jedem Kirchgänger geläufig. Ein Cembalo ist vielen schon weit weniger vertraut. Und ein Klavichord dürften die wenigsten Konzertbesucher schon einmal vor Augen und Ohren gehabt haben. Die ganze Vielfalt und Bandbreite der Tasteninstrumente darzustellen ist das Anliegen des Internationalen Festivals der Klavierkunst "Clavis", das vom 31. März bis zum 2. April erstmals stattfand.

Organisator ist das Musikerpaar Natalia Panina-Rummel und Marcus Rummel, das eine Musikschule in Reichersbeuern betreibt. Marcus Rummel versieht zudem den kirchenmusikalischen Dienst in den vier Pfarreien Gaißach, Greiling, Reichersbeuern und Sachsenkam und leitet weitere Chöre. Natalia Panina-Rummel stammt aus einer russischen Musikerfamilie und studierte in St. Petersburg Klavier, Gesang und Pädagogik. Aufgrund ihrer Kontakte zu russischen Musikerinnen kam das Festival zustande, das nicht nur Konzerte, sondern vor allem auch einen Wettbewerb für Kinder und Jugendliche bietet. Den Vorsitz der Jury hat Olga Kotlyarova aus St. Petersburg übernommen, die als Organistin und Cembalistin den Löwenanteil der rund um das Festival angesiedelten Konzerte bestreitet. So war sie unter anderem am Mittwochabend in der Klosterkirche Reutberg und am Donnerstagabend im Forum Lin in Gaißach zu erleben. Auch am offiziellen Eröffnungskonzert des Festivals am Freitagnachmittag in der Kirche St. Korbinian in Reichersbeuern war sie beteiligt.

So gestaltet sie als klangprächtigen, durchaus stimmungsvollen Auftakt die "Fanfarria imperial" des spanischen Komponisten Antonio Soler und kann damit gleich die vielen Klangfarben der Orgel vorführen. Rummel überträgt das Bild von der Orgelempore auf eine Leinwand vor dem Altar. Und das mit einer einfallsreichen Bildregie, die einmal nur die Hände oder die für den Organisten ebenso wichtigen Füße zeigt, dann die Noten oder die Musikerin in der Totalen. "Ich weiß, dass manche Besucher noch nie aus der Nähe gesehen haben, wie das funktioniert", erklärt Rummel. Ein Glück für das Publikum.

Mit Johann Sebastian Bachs "Französischer Suite" BWV 814 lässt sich darauf Sofya Gandilyan aus Moskau am Cembalo hören. "Die große Differenz zwischen der Temperatur draußen und der hier im Kirchenraum ist eine Belastung für die Instrumente", hatte sie zuvor erklärt. "Es kann passieren, dass nicht alle Töne da sind." Ihre differenziert gestaltete Interpretation lässt indessen keine Mängel erkennen. Mit der Arie "Alma del Core" von Antonio Caldara präsentiert sich Anahita Mosafer-Hahighi, eine neunzehnjährige Sopranistin aus Iran, die derzeit in München studiert. Ihr Potenzial ist durchaus erkennbar, die künstlerische Reife indes noch nicht ganz erlangt. Bei Caldara, den sie mit heller, leichter, nahezu vibratoloser Stimme stilgerecht vorträgt, passt das noch. Aber beim später folgenden "Ich sehe dich in tausend Bildern" von Max Reger fehlt das gewisse Volumen fürs spätromantische Schwelgen.

Erstaunlich konzentriert sind die vielen Kinder, die mit ihren Eltern ins Konzert gekommen sind. Vor allem, als Gandilyan das Clavichord vorführt, sind sie mucksmäuschenstill. Das tut auch Not, denn wie Panina-Rummel zuvor erklärt hatte, musste die Hörerwartung nach Orgel und Cembalo korrigiert werden: Nur ein zartes Gesäusel, so als streiften Flügel die Saiten, ist zu vernehmen. Mit deutlich mehr Volumen, facettenreich funkelnd, spielt Heinrich Bentemann, stellvertretender Schulleiter der Max-Rill-Schule, die Austragungsort des Wettbewerbs ist, Louis Viernes "Étoile du soir" an der Orgel. Mit dem gewaltig brausenden Choral a-moll von César Franck schlägt Kotlayrova dort zum Abschluss die Brücke zum Eröffnungsstück. "Um unsere Schüler zu motivieren" nehmen die Rummels den gewaltigen organisatorischen Aufwand auf sich. Die Finanzierung setzt auf Spenden. Ob das aufgeht, wird sich zeigen.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: