Eurasburg:Trauerfeier in der Kälte

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Eine nicht-katholische Beerdigung in Eurasburg wird mit so vielen Auflagen belegt, dass Bestatter und Familie entscheiden, außerhalb der Kirche Abschied von dem Verstorbenen zu nehmen

Von Ingrid Hügenell, Eurasburg

Wenn Menschen sterben, die der Kirche fern stehen oder keiner Konfession angehören, stellt sich für die Angehörigen die Frage, wie man die Trauerfeier gestalten soll - und auch, wo sie stattfinden soll. In größeren Städten ist das kein Problem. Dann kann die Abschiedsfeier in der Aussegnungshalle des Friedhofs ihren Rahmen finden, und man kann einen Beerdigungsredner statt eines Pfarrers beauftragen. Das Problem wird zunehmen, weil es auch im ländlichen Bereich längst nicht mehr selbstverständlich ist, dass die Kirche die letzten Dinge regelt.

In kleineren Städten oder auf dem Dorf gestaltet es sich oftmals schwierig, wenn man eine Beerdigung ohne Kirche möchte. Das musste jüngst eine Familie in Eurasburg erleben. Der Ehemann und Vater, ein beliebter Eurasburger, starb Ende Januar mit 73 Jahren an Krebs. Da er nicht getauft war, hatte er sich eine Beerdigung nicht mit einem Pfarrer, sondern mit Michael Kraft gewünscht. Der Mooseuracher hat ein Bestattungsunternehmen und hält auf Wunsch auch die Trauerfeiern. Der Verstorbene hatte Kraft bei einer Beerdigungsfeier erlebt und den Wunsch geäußert, "der Prediger aus Mooseurach" solle auch ihn beerdigen.

Eine Trauerfeier konnte kürzlich nicht in der Kirche stattfinden, weil Trauerredner und Familie sich den Verboten des Pfarrers nicht beugen mochten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Weil es in Eurasburg keinen anderen Raum gibt als Kirchen, in denen eine Trauergesellschaft Platz und Schutz vor schlechtem Wetter finden könnte, begann ein Hin und Her, das die Hinterbliebenen als belastend empfanden. "Jeden Tag haben wir darüber reden müssen, wie und wo wir die Trauerfeier machen", berichtet der Sohn. "Das sollte nicht so sein." Zunächst jedoch lief alles glatt.

Kraft willigte ein, die Feier zu gestalten, die Familie fragte beim zuständigen katholischen Pfarrer Martin Kirchbichler an, ob sie die kleine Kirche am Friedhof des Ortes Berg in der Gemeinde Eurasburg, wo die Beerdigung stattfinden sollte, für die Feier benutzen könnte, und der Pfarrer sagte Nein. Eine Kirche sei ein geweihter Sakralraum, argumentiert er auf Nachfrage, kein Mehrzweckbau. Er habe keinen Präzedenzfall schaffen wollen. Kirchbichler sagt, er selbst oder jemand aus dem Seelsorgeteam hätten die Beerdigung auch übernommen, obwohl der Tote nicht getauft war. Denn der Pfarrer wusste, dass dieser sich in mehreren Ehrenämtern um die Gemeinde verdient gemacht und auch im Kirchenchor gesungen hatte. Die Familie aber wollte den Wunsch des toten Vaters respektieren, Michael Kraft solle der Beerdigungsredner sein, sagt sein Sohn. "Wir haben uns darauf eingestellt, dass die Trauerfeier dann eben auf dem Friedhof im Freien stattfindet." So stand es dann auch in der Todesanzeige. Für die Familie sei das in Ordnung gewesen, sagt der Sohn. Für zahlreiche Eurasburger war es das offenbar nicht, und die rannten nun dem Pfarrer die Bude ein, um ihn zu fragen, warum er die Trauergesellschaft nicht in die Kirche lassen wolle.

Kirchbichler, der sich den Unmut der Eurasburger nicht zuziehen wollte, berichtet, er habe Rücksprache mit Dekan Gerhard Beham gehalten und danach erneut mit der Familie geredet. Dabei habe er sich bereit erklärt, die Kirche ausnahmsweise zur Verfügung zu stellen, wenn Kraft sich an bestimmte Regeln halte: den Altarraum nicht zu betreten zum Beispiel. Das wäre für den Bestatter und Beerdigungsredner auch in Ordnung gegangen, der sich als "zutiefst christlich" bezeichnet. Nicht in Ordnung seien für ihn aber die sehr harschen Formulierungen eines Faxes Kirchbichlers an ihn gewesen und dessen Vorgaben, wie Kraft zu sprechen habe. "Ich spreche für jeden, ohne spirituelle und religiöse Vorgaben", erklärt Kraft. Er wolle sich aber christliche Bezüge nicht verbieten lassen. Kraft sagt, unter diesen Voraussetzungen habe er die Trauerfeier in der Kirche nicht abhalten können. Sie fand schließlich mit Kraft im Freien statt, wie es dem Verstorbenen nach Einschätzung des Sohnes wohl am liebsten gewesen wäre. Mehrere hundert Gäste froren im eisigen Wind. Kein Wunder, dass auch danach in Eurasburg so viel Unmut herrscht, dass Kirchbichler sich bemüßigt sah, im Sonntagsgottesdienst seine Sicht der Dinge darzustellen. Dem Sohn des Verstorbenen ist es sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Unmut nicht von der Familie ausgeht: "Es war immer unsere Entscheidung, die Beerdigung so abzuhalten."

Bestatter, Familie und der Pfarrer sehen auch die politische Gemeinden in der Pflicht, eine Lösung zu finden, damit nicht jede Familie im Trauerfall diesen Konflikt wieder ausfechten muss. Die Witwe wünscht sich nur noch eins: Dass Ruhe einkehrt und sie endlich um ihren Mann trauern kann.

© SZ vom 10.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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