Ramsauer Eigeninitiative:Gemeinsam einheizen

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Bürger im Bad Heilbrunner Ortsteil Ramsau haben sich ihr eigenes Nahwärmenetz aufgebaut und dafür sogar die Straße aufgegraben. Mit ihrer Heizart in Eigenregie sind sie unabhängig vom Ölpreis - und sparen Geld.

Von Pia Ratzesberger, Bad Heilbrunn

Ein Graben klafft entlang der sonst so aufgeräumten Straße. Erde, Schutt und Geröll häufen sich am Rande, Absperrbänder sichern die Baustelle - man könnte meinen, hier sei eine Baufirma am Werk. Doch nein, den Boden graben die Bürger im Ortsteil Ramsau in Bad Heilbrunn selbst auf. Sie verlegen ihr eigenes Nahwärmenetz, alleine geplant, alleine umgesetzt.

Kreis ehrt die Bürgergemeinschaft mit dem Umweltpreis

Fast ein Jahr ist das mittlerweile her. Auf mehr als 500 Metern ziehen sich die Trassen heute unterirdisch durch den Ortsteil, nur noch Fotos zeugen vom damaligen Aufruhr. Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ehrt die Bürgergemeinschaft Ramsau für ihr Projekt jetzt mit dem Umweltpreis: Zehn Haushalte versorgt das Netz inzwischen mit Wärme, die eine Hackschnitzelanlage auf dem Hof von Josef Birzele erzeugt.

So sind die sieben Bürger, die gemeinsam eine GmbH gegründet haben, nicht mehr abhängig vom Ölpreis, von den weltweiten Schwankungen am Energiemarkt. Die Hackschnitzel kommen aus den eigenen Wäldern. Und sie sparen Geld - hätte jeder Gesellschafter, die alle marode Heizungen zu Hause hatten, eine neue Anlage gekauft, hätte das den Einzelnen mehr als 15 000 Euro gekostet, sagt Birzele. So aber habe jeder nur etwa die Hälfte, 7500 Euro, für seinen Anschluss gezahlt. Der Rest der Baukosten von rund 250 000 Euro sei über Zuschüsse des Bundeswirtschaftsministeriums sowie ein Förderprogramm der Kfw-Bank finanziert worden.

Steigt der Ölpreis, sinken die Heizkosten in Ramsau

"Momentan kostet uns die Kilowattstunde genauso viel wie jemanden, der mit Öl heizt. Aber nur weil der Ölpreis momentan so niedrig liegt", sagt Birzele. Der Preis für die schwarze Flüssigkeit ist heuer stark eingebrochen, ein Barrel der Nordseesorte Brent kostet derzeit etwa 49 Dollar. Wenn der Ölpreis aber wieder nach oben geht, sind die Haushalte in Ramsau fein raus: "Wir erhoffen uns in zehn Jahren, wenn die Anlage abbezahlt ist, nur noch die Hälfte vom Ölpreis ausgeben zu müssen", sagt Birzele, während er vor der großen Scheune steht.

Hinter dem 60-Jährigen ragen die zwei roten Kessel empor. Im Inneren zehren die Flammen an den Hackschnitzeln. Die sogenannte Förderschnecke, eine Spirale, zieht das zerkleinerte Holz aus dem Lager nebenan und schiebt es in die Kessel, am Ende bleibt nur ein kleiner Haufen Asche zurück. "Ziemlich umweltfreundlich, was?", fragt Birzele in einem Ton, der klar macht, dass er die Antwort bereits kennt. Seine Kollegen, die sich mit teils stolzem Blick um die Anlage gruppiert haben, nicken zustimmend.

Idee entstand bei einem Feierabendbier

Fast hätten sie die Idee, die vor Jahren bei einem Feierabendbier entstand, nie verwirklicht. Denn die sieben Bürger hatten ursprünglich ein Ingenieurbüro beauftragt, das die Rentabilität einer solchen Anlage prüfte - und zu dem Ergebnis kam, dass eine gemeinsame Bürgerheizung nicht wirtschaftlich sei. Unter anderem seien die Investitionskosten zu hoch. Das Büro habe damals mit 220 Euro pro Meter für das Nahwärmenetz gerechnet, inklusive Material, erzählt Birzele. Weil die Ramsauer sich aber dazu entschlossen, alles selbst zu machen, lagen die Kosten letztendlich gerade einmal bei 60 Euro pro Meter.

Kosteneinsparung durch Gemeinschaftsleistung

Um die Planung des gesamten Netzes kümmerte sich der Ingenieur Christoph Spindler aus dem Ort, ebenfalls Gesellschafter. So sparte man sich Zehntausende Euro, die ein Ingenieurbüro für die gleiche Arbeit verlangt hätte. "Die Gemeinde war auch super, die hat uns in allem unterstützt", erzählt der 27-jährige Spindler. Als sie den Boden aufgerissen hätten, habe sich keiner der Anwohner beschwert, dass er nun nicht mehr in seine Garage fahren könne. Ganz im Gegenteil. "Viele kamen raus und haben mitgeholfen", sagt Spindler.

Stolz sei die Gruppe aber vor allem auf Eines: Während der Grabungsarbeiten, bei denen sie die Leitungen quer durch den Ort legten, haben sie kein einziges fremdes Kabel abgerissen. Wer brauche da schon Profis.

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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