Eglinger Seniorenpolitik:"Das Gemeinschaftsgefühl nachempfinden"

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Erhard Gaigl, einer der beiden Seniorenbeauftragten der Gemeinde Egling, weiß, auf was sich Ehrenamtliche auf dem Land künftig einstellen müssen.

Von Claudia Koestler, Egling

Mit seinen rund 75 Quadratkilometern ist Egling eine der größten Flächengemeinden im Landkreis. Der Ort wächst stetig, was auch den Anteil der älteren Menschen erhöht. Derzeit sind etwa 16,9 Prozent der Eglinger über 65 Jahre alt, bis 2030 wird diese Altersgruppe um das Eineinhalbfache ansteigen. Deshalb rückt die Gemeinde ihre Seniorenpolitik in den Fokus. Die neugewählten Seniorenreferenten Max Hartl und Erhard Gaigl haben sich ihren Aufgaben mit viel Engagement und Herzblut angenommen. Gaigl erläutert die Ideen, die auch anderen Gemeinden als Impuls dienen könnten.

SZ:Herr Gaigl, was reizt Sie an der Aufgabe als Seniorenreferent?

Erhard Gaigl: Die Probleme und Sorgen, die mit zunehmendem Alter auf einen selbst oder die Angehörigen zukommen, kenne ich zum einen aus der eigenen Familie. Als es um die Pflege meines Vaters ging, habe ich gemerkt, dass man oft vor einem Berg von Fragen steht. Außerdem arbeite ich in der Bank und habe es daher beruflich oft erlebt, dass die ältere Generation nichts geregelt hat, keine Bankvollmachten beispielsweise vorliegen für den Ehepartner. Und ein weiterer Beweggrund ist meine soziale Einstellung. Was man in der Jugend mitbekommen hat, soll man als Erwachsener zurückgeben.

Erhard Gaigl sitzt im Eglinger Gemeinderat. Er ist Prokurist, Generationenberater, und ehrenamtlicher Seniorenreferent der Gemeinde Egling. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Egling ist sehr ländlich geprägt. Fangen da nicht die Familien die Belange der Senioren ab ?

Familie ist heute nicht mehr überall der Kern, auch nicht auf dem Land. Familienmitglieder sind heute eher wie Satelliten, müssen beruflich oft sehr flexibel sein, sind nicht mehr immer vor Ort und daher eher ein loser Verbund. Im Prinzip müssen wir mit einer sinnvollen Seniorenpolitik das Gemeinschaftsgefühl von früher nachempfinden.

Sollte das nicht der Sozialstaat oder Pflegedienste leisten?

Sollte man meinen, aber die Rahmenbedingungen werden immer mehr ausgehebelt. Pflegedienste kommen vielleicht einmal am Tag, aber für alles andere müssen die Familienangehörigen ran. Ja, eigentlich sollte das soziale Netz bei vielem greifen. Tut es aber nicht mehr immer. Wir werden wohl nicht darum herum kommen, dass das Ehrenamt hier etwas abfedert. Ich habe beispielsweise kürzlich erfahren, dass Pflegedienste aus wirtschaftlichen Gründen bestimmte Ortsteile schon gar nicht mehr anfahren. Da ist mir bewusst geworden, dass wir froh sein müssen, wenn wir in jedem Ortsteil ein oder zwei Bürger finden, die einfach für andere da sind. Ich wehre mich aber, dass Ehrenamtliche Pflegedienstleistungen übernehmen, das geht schon aus Haftungsgründen nicht.

Was haben Sie bislang angepackt?

Wir wollen Ansprechpartner sein, aber nicht nur. Wir wollen auch eruieren, wo Bedürfnisse sind und welche Ideen man verwirklichen kann, das haben wir beispielsweise kürzlich bei einem Runden Tisch getan. Wir wollen Strukturen stärken, die es bereits gibt, etwa die Nachbarschaftshilfe oder die Seniorenreferenten der Pfarreien. Wir werden mit Kontakten und Infos im Gemeindeblatt präsent sein und eine Infoseite im auf der Homepage der Gemeinde installieren.

Und was sind die konkreten längerfristigen Ziele?

Schön wäre ein externer Ansprechpartner, den man rund um die Uhr anrufen kann. Längerfristig möchten wir Angebote in Richtung Sport machen und einen Pflegeleitfaden erstellen. In zwei Jahren könnte es einen Jahreskalender für Senioren geben, ähnlich dem Ferienpass. Das aber muss sich entwickeln, man darf sich nicht verzetteln. In den kommenden Jahren sollten wir zudem überlegen, ob ein Bürgerbus sinnvoll wäre, und dazu vielleicht zwei oder drei Nachbargemeinden mit an Bord nehmen. Es gibt auch Wünsche nach einer Tagespflegestätte, da sind wir aber wieder bei der Frage nach der Mobilität in einer so großen Gemeinde. Aber man muss eben auch mal was wagen und probieren.

Was würden Sie sich wünschen für Ihre Arbeit?

Die Leute müssen sagen, was sie brauchen.

Was ist Ihr nächster Schritt?

Die Informationswelle weiterführen, und nach den Sommerferien ein zweiter Runder Tisch. Da wollen wir sehen, was für Projekte noch gewünscht sind, und auch, was aus unseren eigenen Ansprüchen geworden ist. Was wir umsetzen wollen, müssen wir schließlich auch belegen.

© SZ vom 06.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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