Dietramszell:Ein Festsaal in der Bonbonfabrik

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Das Verwaltungsgebäude der Bonbonfabrik Wiedenbauer in Baiernrain steht leer. Ein Bebauungsplan könnte regeln, was damit geschieht. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Dietramszell will in Baiernrain den Dorfcharakter erhalten und erwägt einen Bebauungsplan mit Nutzungsverpflichtung

Von Petra Schneider, Dietramszell

Die Gemeinde Dietramszell will verhindern, dass auf dem Firmengelände der Bonbonfabrik Wiedenbauer in großem Umfang Wohnungen entstehen, die den dörflichen Charakter des Ortsteils Baiernrain verändern würden. Der Gemeinderat hat daher beschlossen, für das rund 3600 Quadratmeter große Grundstück der Wiedenbauer KG, das zur Versteigerung steht, einen Bebauungsplan für ein "Dorfgebiet" aufzustellen, der die künftige Nutzung regelt: Demnach sollen in den bestehenden Verwaltungs- und Betriebsgebäuden sowie im Stadl, der nach dem Willen der Gemeinde als Festsaal genutzt werden soll, nur Gastronomie, Gewerbe und Handwerk, Ausstellungsflächen, Läden sowie Räume für Vereine und die Feuerwehr möglich sein. Wohnungen sind nur eingeschränkt zulässig, heißt es im Beschluss. Die Gemeinde will sich an der Versteigerung beteiligen.

Im Oktober 2012 hatte die Süßwarenfabrik Wiedenbauer, die am Standort Baiernrain seit dem Jahr 1950 Bonbonspezialitäten produziert hatte, Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen war in Schieflage geraten, weil es sich mit Investitionen in Ostdeutschland finanziell übernommen hatte. Im Januar 2013 wurde Wiedenbauer von der Firmengruppe Liebhardt aus Detmold übernommen. Produktion und Versand blieben in Baiernrain, Verwaltung und Geschäftsführung wurden in die Firmenzentrale nach Nordrhein-Westfalen verlagert.

Das Grundstück auf dem Firmengelände am Schmiedberg sei "ein Filetstück, das wir entwickeln können", sagte Bürgermeisterin Leni Gröbmaier (BLD) kürzlich im Gemeinderat. Oft werde der Gemeinde vorgeworfen, dass sie "nur Privatinteressen" bediene. Nun habe man den "Idealfall einer Bauleitplanung, mit der man öffentlichen Interessen gerecht werden kann".

Hubert Prömmer (Grüne) überzeugte das nicht: "Das ist mit Abstand das Windigste, das ich jemals gehört habe", sagte er. Die Gemeinde müsste die Gebäude doch erst kaufen. Eine Gegenfinanzierung über eine Pacht in "diesen alten Buden" sei unrealistisch. Und einen Privatinvestor könne man nicht verpflichten, "dass er uns einen Festsaal baut".

Vorstellbar sei das durchaus, erklärte Architekt Sebastian Neudecker vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München, der das Verfahren begleitet: Eine öffentliche Nutzung vorzuschreiben, etwa als Festsaal oder für Vereine, sei auch auf Privatgrund möglich. Also auch dann, wenn nicht die Kommune selbst die entsprechenden Gebäude erwirbt. "Das ist durch die Planungshoheit der Gemeinden abgedeckt", sagte Neudecker. "Und ich finde, eine Gemeinde sollte diese in Anspruch nehmen." Änderungen seien im Rahmen des Verfahrens freilich möglich.

Neudecker warb für eine Ausweisung als "Dorfgebiet", das eine landwirtschaftliche Nutzung einschließt und Wohn- und Gewerbeanteile nicht so strikt festlegt wie ein "Mischgebiet". Gröbmaier betonte, ihr gehe es um eine sinnvolle Dorfentwicklung für Baiernrain. "Wir wollen verhindern, dass ein Spekulant kommt, der da 20 Wohnungen hinstellt." Diese Meinung teilte die Mehrheit der Gemeinderäte. Christa Poschenrieder (BLD) wandte allerdings ein, sie fände auch sozialen Wohnungsbau in der Gemeinde wichtig. Michael Häsch (CSU) konnte sich mit dem Vorschlag durchsetzen, Wohnungen nicht gänzlich auszuschließen, sondern diese eingeschränkt im Erdgeschoss des ehemaligen Verwaltungsgebäudes zuzulassen. Thomas Bachmeier (CSU) sagte, mit der strikten Nutzungsvorgabe sinke zwar der Preis für die Gebäude. Dennoch müsse die Gemeinde "für ihren Haushalt geradestehen". Womöglich tauchten Altlasten auf, die teuer entsorgt werden müssten.

Momentan gehe es nur um eine Bauleitplanung, sagte Bürgermeisterin Gröbmaier. Die Gemeinde halte sich alle Möglichkeiten offen.

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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