Dietramszell:Baiernrain wird Nabel der Trachtlerwelt

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Der 300-Einwohner-Ort mit dem 430 Mitglieder starken Verein D' Jasbergler richtet das Oberland-Gaufest 2017 aus. Vorsitzender Jakob Pertold und diverse Arbeitsgruppen bereiten sich auf einen Mega-Event vor

Von Petra Schneider, Dietramszell

Das kleine Baiernrain wird im kommenden Jahr für ein langes Wochenende zum Mittelpunkt der hiesigen Trachtlerwelt. Von 27. bis 31. Juli 2017 findet dort das jährliche Gaufest statt. 5000 Trachtler werden dann voraussichtlich in das Dorf mit seinen 300 Einwohnern marschieren. Das Programm steht so ziemlich: Festgottesdienst, Trachtenumzug, Bierzelt mit Blasmusik und Auftritten der Jugendgruppen, eine kleine Preisverleihung, Heimatabend, Weinfest. Die Gäste der anderen Trachtenvereinen werden mit Bussen anreisen und am Abend nach dem Festumzug wieder fahren.

Ein Mega-Event, der mit einiger Logistik verbunden ist. Das Catering im Festzelt muss organisiert werden, Genehmigungen eingeholt, Wasser- und Kanalanschluss geregelt, der Verkehr umgeleitet werden. Jakob Pertold, Vorsitzender des Vereins D' Jasbergler Baiernrain, ist inzwischen nicht mehr ganz so nervös wie damals, als einige Mitglieder der Jugendgruppe die Idee an ihn herangetragen hatten, sich als Ausrichter für das Gaufest zu bewerben. Bei der Organisation stehe eine ganze Mannschaft hinter ihm, sagt der 49-jährige Schreinermeister und Gemeinderat, der sei 2011 Vorsitzender ist. Die 25 Mitglieder des erweiterten Vorstands wurden in Arbeitsgruppen aufgeteilt, jede ist für einen Organisationsbereich zuständig.

Jakob Pertold leitet den Trachtenverein D' Jasbergler. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Jasbergler gehören mit 54 anderen Trachtenvereinen zwischen Bayrischzell, Bad Aibling und der Jachenau zum Oberlandler Gau. Wer das Gaufest ausrichten will, muss sich beim Gauverband bewerben, dann wird abgestimmt. 2015 war Otterfing Gastgeber, heuer Bad Aibling, im kommenden Jahr also die Baiernrainer. "Man ist schon ein bisserl stolz, wenn man das ausrichten darf", sagt Pertold. Freilich gebe es auch Leute, "die nix mit dem Trachtenverein am Hut haben". Aber wenige. Zwei Drittel der Baiernrainer gehören ihm an, mit 430 Mitgliedern aus der Altgemeinde Baiernrain sind d' Jasbergler der stärkste Trachtenverein im Landkreis.

Jeder hat eine eigene Tracht, die meist in einer Satzung festgelegt ist. Die Baiernrainer tragen graue Joppe, blaue Krawatte, Adlerflaum am Hut, grünes Gilet. Die Frauen blauen Rock, die jüngeren Mieder, die Verheirateten den Schalk. Vor dem Umzug beim Gaufest gibt es eine Trachtenschau: Da werde "drübergschaut", ob die Trachten in Ordnung sind, sagt Pertold. Extremer Modeschmuck bei den Madln zum Beispiel oder Turnschuhe, das gehe gar nicht.

Fahnen gehören bei jedem Gaufest dazu. (Foto: Manfred Neubauer)

Die richtige Tracht hat ihren Preis: Bis zu 8000 Euro kostet ein aufwendig genähter Schalk, 1000 Euro eine vernünftige Lederhose, mindestens 200 Euro die richtigen Schuhe. Für die Trachtenverirrungen auf dem Oktoberfest hat Pertold nicht viel übrig. "Das ist eine reine Modeerscheinung." Kunststoffe aus Fernost, "Industrietrachten" von der Stange - "das sieht man dem Gwand an". Den Trachtenvereinen gehe es auch um den Erhalt traditioneller Handwerksberufe, wie Federkielsticker und Lodenschneider. Dass das Interesse an der Tracht offenbar wieder steigt, sei nicht schlecht. Für die Trachtenvereine baue sich dadurch aber ein Druck auf, "dass man mit der Zeit geht". Anpassung sei auch in Ordnung, aber nur in Maßen.

In jüngster Zeit ist das Interesse nicht nur am Trachtengwand, sondern auch an den Trachtenvereinen wieder gestiegen, stellt Pertold fest. Nachwuchssorgen hat sein Verein nicht. Etwa 50 Kinder ab sechs Jahren sind in der Plattlergruppe aktiv, "momentan läuft's sehr gut", sagt Pertold. Das liege auch an den rührigen Jugendleitern. Sie organisieren Jugendfaschingsbälle, Ausflüge, es gibt eine Theatergruppe, das jährliche Almfest am Jasberg. Angebote, die die Jugend auf dem Land anziehen und den Zusammenhalt stärken. "Wir als Vorstand müssen uns offen zeigen und als Bindeglied zwischen Jung und Alt fungieren", sagt Pertold.

Bürgermeisterin Leni Gröbmaier, die die Schirmherrschaft des Gaufests übernommen hat, lobt den "Mut und die Tatkraft" des Vereins. "Da müssen wir alle zammhelfen, weil so ein großes Fest haben wir noch nie gehabt."

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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