Der Landrat nimmt Stellung:Viel "Schmarrn" über Flüchtlinge

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Landrat Niedermaier erwartet von Flüchtlingen nichts anderes als von Einheimischen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Josef Niedermaier verwahrt sich gegen kräftig zunehmende Gerüchte

interview Von Felicitas Amler, Bad Tölz

Im Landratsamt herrscht eine gewisse Verzweiflung wegen der Zunahme von Gerüchten über Flüchtlinge und Asylbewerber. Sozialamtsleiter Thomas Bigl spricht von "Dreck", der "geradezu mit Wollust" verbreitet werde. Landrat Josef Niedermaier hat sich im Bauausschuss des Kreistags gegen solchen "Schmarrn" verwahrt wie den Behauptungen, Flüchtlinge bekämen vom Amt teure Handys und Luxus-Lederjacken finanziert. Sogar von Unternehmern, Stadt- und Gemeinderäten werde er nach dergleichen gefragt.

SZ: Was ist das dümmste Gerücht, das Sie bisher gehört haben?

Josef Niedermaier: Das mit den Luxus-Handys und den 300-Euro-Turnschuhen. Ich habe mal im Sportgeschäft geschaut: Man findet gar nicht so leicht Turnschuhe für 300 Euro.

Haben Sie Gelegenheit, Menschen unmittelbar auf solche Äußerungen zu antworten? Und akzeptieren diejenigen die Richtigstellung?

In der Regel kommen diese Gerüchte als Fragen zu mir. Ich habe oft die Gelegenheit, das klarzustellen. Und dann heißt es meist: Ich habe das da und da gehört. So hat mir ein Tölzer Unternehmer einen Brief geschrieben, er habe in seinem Umfeld, bei gesellschaftlichen Anlässen, so oft diese Gerüchte gehört, deswegen wolle er direkt bei mir fragen, worüber ich sehr froh bin. Ich glaube und hoffe schon, dass mir die Leute meine Aussagen abnehmen.

Was könnten die Motive für solche Gerüchte sein? Oft wird ja gesagt: Neid. Aber im Fall von Unternehmern und Kommunalpolitikern kann man sich das doch schwer vorstellen, oder?

Das Unwohlsein in der Bevölkerung hat kräftig zugenommen, vor allem, seit die Turnhallen belegt sind. Die Leute sind direkt betroffen, jeder kennt einen, der wegen der Belegung nicht die Turnhalle nutzen kann. Bei den Kommunalpolitikern kommt das eher fragend, die verbreiten das nicht, sondern hören das so oft selbst.

Das heißt, Sie müssen froh sein, dass die Leute bei Ihnen nachfragen?

Ja, ich bin eigentlich dankbar, dass ich zum Beispiel diesen Brief des Unternehmers bekommen habe.

Wissenschaftler sagen, Gerüchte könne man durch Fakten nicht aus der Welt schaffen. Haben Sie auch dieses Gefühl?

Immer öfter. Ich habe auch mit einem Kommunikationsprofi gesprochen. Der hat mir schon im Wahlkampf gesagt: Du immer mit deinen Fakten. Du musst die Fakten mit Emotionen verpacken, dann erreichst du die Leute.

Hatten Sie selbst, bevor Sie so eng mit dem Thema befasst waren, irgendwelche Einschätzungen von Asylsuchenden, die Sie inzwischen revidieren mussten?

Nein. Mein Weltbild wackelt nicht so schnell. Wenn Sie hundert Flüchtlinge haben und hundert Einheimische - die Gaußsche Kurve stimmt immer. Wir werden Gewalttaten von Flüchtlingen erleben, so wie wir Gewalttaten von Deutschen erleben. Wenn Sie 150 Deutsche in einer Halle unterbringen, ist die Gewalt vielleicht sogar schon ein paar Tage früher da.

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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