Denkmal einer Epoche:Mit neuem Turm in die Renaissance

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Die Grablege der Winzerer in der Tölzer Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt ist eines der ersten Beispiele der Renaissance im Landkreis. (Foto: Manfred Neubauer)

Patrizierfamilie Barth verwandelte Trutzburg in Schloss Harmating

Von Kaija Voss, Egling

Am Harmatinger Weiher baut sich ein Gemälde auf, das von einem großen Landschaftsmaler geschaffen erscheint. Da ist der Weiher, seine Ufer aus Schilf und Blattwerk, ein paar hölzerne Badestege im Wasser. Auf der nächsten Ebene dann die Bäume, Birken und einige Fichten, umrahmt von Wiesen und Feldern. Sieht man genauer hin, erblickt man dahinter ein steiles, sehr markantes Dach, das zu einem hohen Haus gehört. Es ist Schloss Harmating in der Gemeinde Egling.

Seine Ursprünge reichen bis ins Mittelalter, wohl bis ins 13. Jahrhundert, zurück. Einst von den Herren von Harmating als trutzige Turmburg erbaut, trägt sein Anblick das Landschaftsbild in die Vergangenheit. In eine Zeit, in der die Burgherren solche Namen trugen wie Grafen von Hohenwaldeck, Herren von Egling, Herren von Ross oder später die aus Tirol stammende Familie Tänzel von Tratzberg.

Anfang des 16. Jahrhunderts kam das Anwesen, die damalige Burg Harmating, an die Münchner Patrizierfamilie Barth. Durch Kaiser Rudolph II. (1552-1612) wurden der Familie 1596 die "Edelmannfreiheit" und die niedere Gerichtsbarkeit verliehen. Diese Privilegien waren wohl der wesentliche Grund, in den Bau zu investieren und ihn nach damaligen Kriterien zu modernisieren. Auf den Umbau des Wohnturms geht das heutige Erscheinungsbild des nun "Schloss Harmating" genannten Edelsitzes zurück. Es ist die Zeit der Renaissance in Deutschland. Ihre Ideen kamen mit hundertjähriger Verspätung, verändert und wohl nicht immer ganz verstanden, über die Alpen aus Italien.

Es wäre vielleicht übertrieben, im Umbau von Schloss Harmating die Wiedergeburt der Antike im späteren Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zu sehen. Doch war er für die Bewohner ein wichtiger Schritt aus dem Mittelalter in die Neuzeit. Der Umbau bedeutete größeren Komfort für die Bewohner des Anwesens, die strenge Wehrhaftigkeit des einfachen, rechteckigen Wohnturmes wich einem wohnlicheren Ambiente. An die Südseite von Schloss Harmating kommt ein Erker, der vom ersten Obergeschoss bis ins Dach hinauf reicht. Er erweitert die Wohnfläche der dahinter liegenden Räume und ist gleichzeitig architektonische Gliederung der Fassade. Zusätzliche Fenster werden eingebaut, vorhandene Fenster vergrößert. Die Räume erhalten neue Öfen und Türen sowie neues Mobiliar. Wesentliche Teile der Ausstattung aus der Renaissance sind erhalten. In einem Raum finden sich zudem Medaillons aus dem frühen 19. Jahrhunderts mit den Namen aller Mitglieder der Familie Barth in der Zeit von 1324 bis 1758, im sogenannten "Eurasburger Zimmer" hängen Familienporträts.

Auf einer Darstellung von etwa 1700 sieht man nicht nur den Erker, sondern auch die besonders schöne Dachform von Schloss Harmating. Es handelt sich dabei um ein Walmdach, bei dem im Gegensatz zum Satteldach nicht nur die Traufseiten, sondern auch die Giebel geneigte Dachflächen haben. In Harmating liegt die Traufe der beiden Giebel oberhalb der Traufe des Hauptdaches, man nennt diese Form "Schopfwalmdach" oder "Krüppelwalmdach". Vorteile sind eine hohe Stabilität der Konstruktion und mehr Raum im Dachgeschoss, da es zwei Dachschrägen weniger gibt. Auf der historischen Darstellung ist auch die Schlosskapelle zu erkennen. In ihren Ursprüngen stammt sie aus der Spätgotik, im 18. Jahrhundert wurde sie erneuert.

2002 wurde das gesamte Schloss saniert. Es ist als Baudenkmal auf der Bayerischen Denkmalliste und auch im "Burgenregister" zu finden. Heutiger Schlossherr ist der Schriftsteller Albert von Schirnding mit seiner Familie. Zu besichtigen ist das Schloss Harmating nicht. Es ist von der Hauptstraße, die von Ascholding aus durch Harmating führt und sich am Ortsende nach Thanning oder Otterfing gabelt, gut zu sehen. Man erkennt den Erker und die unregelmäßigen Fensteröffnungen. Das steile schindelgedeckte Walmdach, wichtiger Bestandteil der eingangs beschriebenen Landschaftsszene, ist von hier aus auf einmal ganz nah.

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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