"Das ist nicht erfreulich":Auf der Durchreise

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Viele Touristen bleiben nur kurz in Bad Tölz. Die Zeiten, wo die meisten Gäste ein oder zwei Wochen Urlaub machten, sind vorüber. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Traumsommer beschert Bad Tölz mehr Touristen als im Vorjahr, dennoch geht die Zahl der Übernachtungen weiter zurück. Durch den Trend zum Kurzaufenthalt sehen Stadträte vor allem kleine Häuser gefährdet

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Urlauber kommen gerne nach Bad Tölz, allerdings bleiben sie immer kürzer. Trotz des schneereichen Winters und eines Traumsommers ging die Zahl der Übernachtungen in den ersten neun Montan dieses Jahres um 0,74 Prozent auf 270 828 zurück. Das sei "nicht erfreulich", sagte Kurdirektorin Brita Hohenreiter, als sie dem städtischen Kur- und Tourismusausschuss diese Zwischenbilanz präsentierte. Andrea Grundhuber (Grüne) fand dafür schärfere Worte: "Das ist äußerst alarmierend." Sie sieht kleine Pensionen und Gästehäuser in Gefahr.

Der Trend zum Kurzurlaub oder bloßen Tagesausflug hält schon seit einigen Jahren an. Und er setzt sich verstärkt fort. Hohenreiter bezeichnete es als "Problem, dass sich die Aufenthaltsdauer weiter verkürzt". Ein Indikator dafür ist auch die Zahl der Ankünfte, die sich heuer um 5,26 Prozent auf 63 941 erhöht hat. Das bedeutet: Es kommen zwar mehr Gäste nach Tölz, immer weniger von ihnen bleiben aber über Nacht. Dabei hat die Kurdirektorin noch gar nicht den Verlust durch die Schließung des Hotels Jodquellenhof in ihre Statistik eingerechnet. Sonst sähe die Bilanz noch trüber aus: minus 7,42 Prozent bei den Ankünften, minus 6,18 Prozent bei den Übernachtungen.

Für Grundhuber ist die Kurstadt "mehr Durchreiseort als Verweilort". Sie mag dem Ceterum censeo der Kurdirektorin nicht mehr recht glauben, die in den vergangenen Jahren stets darauf hinwies, dass jene Hotels und Pensionen ihre Gästezahlen halten können, die hohe Qualität in ihrem Angebot und in ihrem Service bieten. Wenn die Übernachtungen zurückgingen, könnten auch gute Häuser bald nicht mehr wirtschaftlich arbeiten, unkte Grundhuber: "Da kann man nicht mehr sagen, die Qualität stimmt nicht." Von Hohenreiter wollte sie wissen, wie man in der Stadt diesem Trend entgegensteuern wolle.

Die Kurdirektorin setzt auf die Strategie, mit der sich die Kurstadt auf dem zweiten Gesundheitsmarkt neu positionieren möchte. Ein neues Spa, zwei neue Hotels, ein neues Gesundheitskonzept. Zugleich bat Hohenreiter um Geduld. Zwei Jahre wird es ihrer Prognose nach dauern, bis auch wieder Gäste kommen, die ein oder zwei Wochen bleiben, um ihre Gesundheit zu pflegen. "Jetzt zu sagen, wir fangen an und im nächsten September sind die Hütten voll, das funktioniert nicht." Sollte die Strategie erfolgreich sein, können man übrigens auch nicht gleich 50 000 Übernachtungen zusätzlich erwarten, warnte sie. Die Gastgeber selbst hätten die Möglichkeit, den Preis für eine Übernachtung von fünf, sechs Euro zu erhöhen und ab der dritten Nacht zu senken. Hohenreiter räumte allerdings ein, dass dies eher Theorie sei. "In der Praxis kommt man dann oft in ein Segment, dass man das Zimmer nicht mehr vermieten kann." Ob das geplante Wellnessbad "Natura Tölz" dazu führt, dass Urlauber länger in Bad Tölz bleiben, fragte Michael Lindmair (FWG). Damit rechnet die Kurdirektorin nicht. Sie glaubt jedoch, dass Tölz damit seine Gästezahlen stabilisieren könne. Die neuen Vier- und Drei-Sterne-Hotels neben dem Spa sieht sie nach wie vor nicht als Konkurrenz zu den bestehenden Häusern. "Wir brauchen sie dringend."

Auf Nachfrage von Peter Wiedemann (FWG) teilte Hohenreiter mit, dass 80 Prozent aller Buchungen inzwischen online erfolgen. Dafür müssen die Hotels und Pensionen neuerdings eine Provision zwischen 15 und 18 Prozent an die Internet-Portale zahlen, erzählte sie. Diese Mehrkosten könnten sie nicht auf den Zimmerpreis aufschlagen. Aber dafür bekämen sie Gäste, die sonst nicht hätten, sagte sie. Manche stehen schon wenige Minuten nach der Buchung an der Rezeption. Sie kommen nach Bad Tölz, sehen sich um, stellen ihr Auto in einer Seitenstraße ab und mieten sich per Smartphone ein.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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