Bürgerversammlung in Dietramszell:Bürokratismus und Ermessensspielräume

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Rund 100 Dietramszeller waren zur diesjährigen Bürgerversammlung gekommen und hörten Bürgermeisterin Leni Gröbmaier zu, als sie die wichtigsten Projekte der Gemeinde erläuterte. (Foto: Manfred Neubauer)

Bauvorhaben im Außenbereich sind nicht zulässig - eigentlich. Denn die Bewertung als Außenbereich ist oft Einschätzungsache. Das aber führt bei der Bürgerversammlung zu Kritik an Landrat und Kreisbehörde

Von Petra Schneider, Dietramszell

Bei der Dietramszeller Bürgerversammlung am Montag musste sich Landrat Josef Niedermaier (FW) Kritik von Bürgern und Bürgermeisterin Leni Gröbmaier (BLD) gefallen lassen. Grund war die Genehmigungen von Bauvorhaben im Landratsamt und die oft unterschiedliche Einschätzung, ob es sich um Außenbereichslagen handelt. Es gebe einen Ermessensspielraum, der von verschiedenen Sachbearbeitern unterschiedlich ausgelegt werde, "aber ganz selten im Sinne der Gemeinde", sagte Gröbmaier. Niedermaier verwies auf die Vorgabe der Staatsregierung, wonach Bauvorhaben und Flächenversiegelungen im Außenbereich nicht zulässig seien. Wenn Gemeinden neue Baugebiete ausweisen wollten, müssten sie Außenbereichssatzungen für größere Umgriffe erlassen, um sich nicht dem Verdacht von Gefälligkeitsplanungen auszusetzen. "Das ist für die Kommunen Arbeit, aber die ist nötig", sagte Niedermaier. Zweiter Bürgermeister Michael Häsch (CSU) forderte, dass der Ermessensspielraum des Landratsamts ausgeschöpft werde, um Erweiterungen im Außenbereich um 30 Prozent zu ermöglichen. So könne Wohnraum geschaffen werden.

In ihrem ausführlichen Bericht hatte Gröbmaier zuvor den rund 100 anwesenden Bürgern wichtige Projekte der Gemeinde erläutert: So werde etwa die Schulhaussanierung, die eigentlich 2019 abgeschlossen sein sollte, mindestens zwei Jahre länger dauern. Als Grund nannte Gröbmaier, dass Baufirmen momentan wegen Überlastung keine Aufträge mehr annähmen. Beim Breitbandausbau gibt es in der Gemeinde noch einige weiße Flecken, weil vor allem die kleinen Weiler und Ortschaften nicht mit schnellem Internet versorgt sind. Dank des vom Freistaat aufgelegten Programms namens "Höfebonus" sollen auch diese erschlossen werden. In Planung sind Ortsteile wie Unter- und Obermühltal, Hechenberg oder Einöd.

Bezüglich des Projektes "Dorferneuerung" konnte die Bürgermeisterin vermelden, dass Dietramszell in das entsprechende Förderprogramm des Amtes für ländliche Entwicklung aufgenommen wurde. Sie wird im Zuge der Straßensanierung gemacht, die das Straßenbauamt Weilheim in drei Schritten vornehmen will: Zunächst erfolgt laut Gröbmaier der Abschnitt von Schönegg zum Kloster, danach die Abzweigung nach Holzkirchen und der Bereich rund um das Kloster, zuletzt der Abschnitt bis zur Abzweigung nach Untermühltal. Zwischen Kloster und Schönegg werde noch heuer der Gehweg verbreitert und der Kiesgrubenparkplatz erweitert, damit Schulbusse dort wenden könnten. Beides mache die Gemeinde "auf eigene Kosten", sagte Gröbmaier.

Auch zum Ascholdinger Hallenbad äußerte sie sich: Eine Schließung sei unausweichlich, bis zur Eröffnung des interkommunalen Hallenbads in Geretsried, die für 2020 vorgesehen ist, will man Ascholding aber halten. Der jährliche Betriebskostenzuschuss von 27 000 Euro für das interkommunale Hallenbad sei weniger als der Zuschussbedarf in Ascholding. Für eine künftige Nutzung des Areals seien Ideen gefragt, sagte Gröbmaier.

In seinem Vortrag hatte sich Landrat Niedermaier zuvor für ein Einwanderungsgesetz ausgesprochen. Er bekomme viel Kritik von ehrenamtlichen Helfern, weil Flüchtlinge, zu denen eine persönliche Bindung entstanden sei, nicht bleiben dürften. "Wir können Bundesrecht aber nicht außer Kraft setzen", sagte Niedermaier. Er hoffe, dass im Hinblick auf Integration und Berufsausbildung künftig vorher geklärt werde, ob jemand eine realistische Bleiperspektive habe. Ein Thema in der anschließenden Diskussion war das Johannifeuer am Kreuzbichl: Ein Anwohner hatte sich beschwert, weil das Areal ein Landschaftsschutzgebiet mit entsprechenden Verboten ist. "Das Johannifeuer gehört zu unserem Brauchtum", betonte die Bürgermeisterin. Man werde nun nach einem anderen Standort suchen, sagte Feuerwehrvorsitzender Michael Hurler. Peter Wallner beklagte einen überbordenen Bürokratismus: Für die Genehmigung zu jedem kleinen Fest müssten 18 Seiten Formulare ausgefüllt werden. "Das ist ein gesellschaftliches Problem", sagte Niedermaier. Solange man alles nach DIN-Normen definieren und sich gegen jedes Restrisiko absichern wolle, werde die Bürokratie weiter zunehmen.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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