Bürgerdialog:Heimspiel für den Bürgermeister

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Wünsch dir was: Bürgermeister Michael Müller fragt Lara (mit Mutter Daniela Bruckner) und Niklas (mit Mutter Monique Bauer), welches Spielgerät sie gern noch am Johannisplatz hätten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Michael Müller macht mit "Dein Geretsried - Dialog direkt" auf dem Johannisplatz Station

Von Felicitas Amler, Geretsried

Der zehnjährige Paul ist unglücklich. So viel Platz, so schöne Wiesen rund um die Sozial-, Miet- und Eigentumswohnungen am Geretsrieder Johannisplatz. Aber Ball oder Frisbee spielen soll er dort nicht. "Wir dürfen ja nirgendwo hin", sagt Paul. Und seine Mutter bestätigt es: "Die Kinder werden sofort vertrieben."

Bürgermeister Michael Müller (CSU) nickt: "Das ist ein altes Problem am Johannisplatz." Er weiß es aus Erfahrung. Müller hat am Donnerstagnachmittag beim fünften und letzten Termin der neuen, durch die Stadtteile wandernden Bürgergesprächsreihe "Dein Geretsried - Dialog direkt" ein Heimspiel: Er ist am Johannisplatz aufgewachsen und lebt noch dort. Schon er selbst und später auch seine Kinder hätten die Erfahrung gemacht, dass Anwohner sie "scheuchten", erzählt er. Für Paul und seine Freunde hat er den Rat, die stadteigene Fläche inmitten des Karrees zu nutzen: "Hier dürft ihr, da hat niemand ein Recht, euch zu vertreiben."

Der Johannisplatz sei von 1968 bis 1974 bebaut worden, erklärt Müller. Und zwar noch nach dem damals üblichen Konzept der strikten Trennung zwischen Sozial- und frei finanzierten Wohnungen. "Es gab schon eine Zwei-Klassen-Gesellschaft." Und es gebe in der Folge eben Flächen im Besitz der öffentlichen Hand und solche, für die Eigentümergemeinschaften ihre eigenen Hausordnungen geltend machten.

Ein zweites Manko sei, dass die städtebauliche Konzeption für den Johannisplatz nie konsequent umgesetzt worden sei. Ursprünglich sei es der Plan gewesen, den Platz über eine eigene Straße ans Zentrum - also zur Egerlandstraße hin - anzubinden. Konjunkturprobleme Anfang der Siebzigerjahre hätten dazu geführt, dass dies nie abgeschlossen wurde.

Der Johannisplatz ist bereits mit Mitteln des Städtebauförderungsprogramms "Soziale Stadt" umgestaltet worden. Nun will die Stadt ein wenig am Feinschliff arbeiten. Anregungen von Bürgern werden beim "Dialog direkt" notiert. Einige stören sich an den Pollern und Steinen, die als Hindernisse für Autofahrer aufgestellt wurden. Andere klagen genau darüber: Dass es immer noch Autofahrer gebe, die sich einen Weg über den verkehrsberuhigten Bereich suchten. Demnach fehlten eher noch ein paar Poller. Ein Anwohner ist glücklich, den Leuten vom Bauamt endlich einmal sagen zu können, wie das Problem zu lösen sei, dass die Sperlingstraße beiderseits eng zugeparkt werde, weswegen der Bus kaum durchkomme: "Man muss den Gehsteig 1,80 Meter zurückschieben." Ob das geht? Die Rathausmitarbeiter schreiben es jedenfalls mal auf.

Ein Junge spricht den Bürgermeister darauf an, wann die S-Bahn endlich nach Geretsried kommt. Worauf Müller zumindest sagen kann, dass er - der Junge - es gewiss noch erleben werde. Und dann fragt der Junge auch nach bezahlbaren Wohnungen - seine Eltern suchten dringend. Ein Problem, das Müller praktisch in jeder Bürgermeister-Sprechstunde zu hören bekommt. Leichter lassen sich vermutlich die Wünsche der Kinder erfüllen, die gern etwas Neues auf dem Spielplatz hätten. Müller kniet sich zu Lara, 4, und Niklas, 5, hinunter, sagt, sie sollten das mal mit anderen besprechen und dann über ihre Eltern der Stadt mitteilen. Die beiden fangen sofort an, sich Gedanken zu machen.

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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